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sie die Zerruͤttung der sittlichen Welt zur Folge haben. Bey einem Meineide kommt der
Frevel dazu, daß der Meineidige den Gott der Wahrheit zum JZeugen der Unwahrheit
und den Gott der Gerechtizbeit selbst zu Bestrafung der uUngrrechtigkeit auffordert, also
den Nahmen des Allerhöchstrn bey einer sehr schändlichen That mißbraucht, daher auch
die ganze Welt erschüttert worden, als der Gott unserer Väter auf dem Berge Sinai
die Worte hat hören lassen:
Du sollst den Nahmen des Ewigen deines Gottes nicht bey einer Unwayrheit miß-
brauchen. ·
Wenn jeder andere Verbrecher durch Buße und Sinnedaͤnderung von der Strafe Gottes
sich befreyen kann, so kann doch der Meineidige durch die stärkste Buße ohne hinläng-
lichen Ersaß keine Vergebung hoffen, denn es heißt ausdrücklich:
der Ewige, dein Gott, wird denjenigen nicht ungestraft lassen, der seinen Nahmen bey
einer Unwahrheit mißbraucht.
Bey einem jeden andern Verbrechen krifft die Strase bloß den Sünder und die Mitschul-
digen oder die dem Uebel hätten steuern können; bey einem Meineide aber leidet hie
ganze Jamilie des Verbrechers, denn die vorsäblich beleidigte göttliche Allmacht will rächen
ble in's dritte und vierte Glied.
Bey einem jeden andern Verbrechen wird dem Verbrecher öfters durch die Langmuth
des barmherzigen Gottes eine Zeitlang nachgesehen, auf einen Meineid aber folgt die
Strafe unverzüglich und alsofort, denn so heißt es in dem Propheten Zachar. Kap. 5, V. 4.
ich will den Fluch hervorbringen, spricht der Herr Zebaoth, daß er soll kommen über
das Haus des Diebes und über das Haus derer, die bey meinem Nahmen fälschlich schwören,
und er soll bleiben in ihrem Hause und soll es verzehren sammt seinem Holz und Steinen.
6.
Dem Rabiner oder Gelehrten steht es frey, dieser vorgeschriebenen Warnung noch
andere schickliche den Umstaͤnden angemessene Vermahnungen und Gruͤnde beyzufuͤgen.
7 ·
Nach der Admonition soll dle dabey gegenwaͤrtlge Gerichtsperson, mit Beyhuͤlfe des
judischen Gelehrten, die Suͤhne nochmahls versuchen.