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7 8.
Wenn ein Landstreicher ergriffen wird, welcher in dem einen Staate geboren
ist, in cinem anderen aber das Unterthanenrecht auödrücklich erworben, oder sich ver-
heirathet, oder durch zehnjährigen Aufenthalt sich einheimisch gemacht hak; so ist der
letztere Staat vorzugsweise verbunden, ihn aufzunehmen. Trifft das ausdrücklich
erworbene Unterthanenrecht in dem einen Staate mit der Verheirathung oder der
zehnjahrigen Wohnung in einem anderen Staate zusammen, so ist das erweislich
neuere Verhältniß entscheidend, jedoch dann, wenn hierüber zu einer ausreichenden
Gewißheit nicht zu gelangen seyn sollte, der Staat, in welchem dem Heimathlosen
ein zehnjähriger Aufenthalt gestattet worden, vorzugsweise zu seiner Aufnahme
verpflichtet.
. 4.
Sind bey einem Vagabunden oder auszuweisenden Verbrecher keine der in den
vorstehenden Paragraphen enthaltenen Bestimmungen anwendbar: so muß derjenige
Staat, in welchem er sich befindet, ihn vorläufig beybehalten.
Verheirathete Personen weiblichen Geschlechts sind demjenigen Staate zuzuwei-
sen, welchem ihr Eheman, vermöge eines der angeführten Verhaltnisse, zugehört.
Witwen sind nach eben denselben Grundsähen zu behandeln, es wäre denn, daß
während ihres Witwenstandes cine Veranderung eingetrreten sey, durch welche sie,
nach den Grundsähen der gegenwärtigen Uebereinkunft, einem anderen Staate
ufallen.
Auch soll Witwen, ingleichen den Geschiedenen, oder von ihren Ehemännern
verlassenen Eheweibern die Ruckkehr in ihren auswärtigen Geburts= oder vorheri-
gen Aufenthaltsort dann vorbehalten bleiben, wenn die Ehe, innerhalb der ersten
fünf Jahre nach deren Schliefung, wieder getrennt worden und kinderlos geblieben ist.
Besinden sich unter ciner heimathlosen Familie Kinder unter 14 Jahren, oder
welche sonst wegen des Unterhaltes, den sie von den Aeltern genießen, von venselben
nicht getrennt werden können: so find solche, ohne Rücksicht auf ihren zufälligen
Geburksork, in denjenigen Stnat zu verweisen, welchem bey ehelichen Kindern der
Vater, oder bey unehelichen die Mutter zugehört.
Diejenigen ehelichen Kinder einer heimathlosen Familie, welche 14 Jahre und
darüber alt sind, und bey ihren Aeltern keinen Unterhalt finden, gehören, so fern
nicht ein näherer Auspruch auf ihre anderweitige Aufnahme begründet ist, in den
Ort ihrer Geburt. Uneheliche Kinder gehören, ohne unterschied des Alters, dem
Staate zu, in welchem die Mutter Heimathsrechte anzusprechen hat, wenn nicht