Contents: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

Anhang. Anlage Nr. 12. 245 
Suspensivbedingung, wie § 10 a. a. O. außer Zweifel stellt, noch unter 
Resolutivbedingungen. Um letztere einzuführen und um Unzuträglich- 
keiten auszuschließen, wie sie sich allerdings aus der strikten Regel des 
§ 10 ergeben können, hätte es einer dem Abs. 2 des § 18 dieses Gesetzes 
analogen Zusatzbestimmung zu dem § 10 bedurft. Offenbar hat man 
von einer solchen um so mehr absehen zu können geglaubt, als regel- 
mäßig die Vorsicht der Behörden genügen wird, um Vorkommnisse der 
hier fraglichen Art zu vermeiden. Es genügt dazu, daß die Zusage der 
Naturalisierung erst durch Aushändigung der Urkunde nach erfolgter 
Niederlassung erfüllt wird. — Dazu kommt, daß der Gesetzgeber ersicht- 
lich für die Naturalisierung kein entscheidendes Gewicht auf die Dauer 
der Niederlassung gelegt hat und namentlich im Verhältnis zu den Bundes- 
staaten auch nicht legen konnte, ohne damit in das Prinzip der Freizügig- 
keit einzugreifen. Der Gesetzgeber hat es vorgezogen, in dieser Beziehung 
die Wahrung der beteiligten öffentlichen Interessen lediglich der sach- 
gemäßen Handhabung des Gesetzes durch die Behörden, für die ja kein 
Zwang zur Naturalisation besteht, anzuvertrauen. 
Wird hiernach die rechtliche Wirkung der im vorliegenden Falle 
unstreitig von einer zuständigen Stelle durch Aushändigung der Naturali- 
sationsurkunde vollzogenen Naturalisation weder durch die Tatsache be- 
seitigt, daß der Kläger sich nicht bereits vorher in Gotha niedergelassen 
hatte, noch auch durch die, daß die Niederlassung auch nicht später erfolgte, 
so konnte ferner aber auch nicht die an sich gewiß wünschenswerte Remedur 
durch eine nachfolgende Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse, unter 
denen die Naturalisation vollzogen ist, und durch eine darauf gestützte 
Wiederaufhebung der letzteren seitens der vorgesetzten Dienstbehörde 
geschaffen werden. 
Das herzogliche Ministerium hält sich dazu für befugt, da nach der 
dortigen Organisation der Landesbehörden in Gemäßheit des Gesetzes 
über die Organisation der Verwaltungsbehörden vom 11. Juli 1858 
88 31, 32, 34 und des Gemeindegesetzes § 220 die oberste Landesbehörde 
als vorgesetzte Instanz berufen sei, Akte der ihr unterstellten Behörden 
aufzuheben oder abzuändern. So unzweifelhaft diese Befugnis im Be- 
reich der dortigen Landesgesetze begründet ist, so steht ihr doch in diesem 
Falle die höhere Norm des Reichsgesetzes über den Erwerb und Verlust 
der Reichs= und Staatsangehörigkeit entgegen, welches im § 10 bestimmt: 
„Die Naturalisationsurkunde bezw. Aufnahmeurkunde begründet mit dem 
Zeitpunkt der Aushändigung alle mit der Staatsangehörigkeit verbun- 
denen Rechte und Pflichten.“ Der Zweck der so gefaßten Vorschrift ist 
zwar in den Motiven der ursprünglichen Vorlage der verbündeten Regie- 
rungen nicht ausdrücklich ausgesprochen. Es ergibt sich aber aus der 
Natur des Rechtsverhältnisses, aus den Verhandlungen des Norddeutschen
	        
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