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(681 II. Der Inhalt nachstehender im Centralblatt für das Deutsche Reich
(Seite 260 und 261) erschienenen Bekanntmachung des Reichskanzlers vom
9. Mai 1876:
Auf Grund des Artikels 7 der Reichsverfassung hat der Bundesrath in seiner Sitzung
vom 24. März 1876 nachstehende Bestimmungen über die Behandlung der bei Reichs-
und Landeskassen eingehenden nachgemachten, berfälschen oder nicht mehr umlaufsfähigen
Reichsmünzen, beschlossen:
Falschstücke.
I. 1) Sämmtliche Reichs= und Landeskassen haben die bei ihnen eingehenden nachge-
machten oder verfälschten Reichsmünzen (§§. 146—148 des Strafgesetzbuchs) anzuhalten.
2) Wird ein eingehendes Falschstück als solches von den Kassenbeamten ohne weiteres
erkannt, so hat der Vorsteher der Kasse sofort der zuständigen Justiz= oder Polizeibehörde
Anzeige zu machen und das angehaltene Falschstück vorzulegen, unter Beifügung des ein-
gegangenen Begleitschreibens, Etiketts 2c., beziehungsweise der über die Einzahlung auf-
zunehmenden kurzen Verhandlung.
3) Erscheint die Unechtheit eines Stückes zweifelhaft, so ist dasselbe, nachdem dem bis-
herigen Inhaber eine Bescheinigung über den Sachverhalt ertheilt worden, an das Münz-
Metall-Depot des Reichs bei der Königlich preußischen Münzstätte in Berlin (Unterwas-
serstraße 2—4), und zwar, wenn das Stück in Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden,
Hessen oder Hamburg angehalten ist, durch Vermittelung der Landesmünzstätte einzusenden.
ie Königlich preußische Münzstätte in Berlin wird diese Stücke einer Untersuchung
unterwersen und
a) im Falle der Echtheit für Rechnung des Reichs den Werth der einsendenden
Kasse zur Aushändigung an den Einzahler zusenden lassen, die Münzstücke aber,
sofern sie zum Umlauf nicht geeignet sind, zur Einziehung bringen;
b) im Falle der Unechtheit das Falschstück an die einsendende Kasse zurückgeben,
damit dieselbe in Gemäßheit der Vorschrift unter I. 2 verfahre.
Gewaltsam 2c. beschädigte Münzen.
II. Durch gewaltsame oder gesetzwidrige Beschädigung am Gewicht verringerte echte
Reichsmünzen (§. 150 des Strafgesetzbuchs) sind von den Reichs= und Landeskassen gleich--
falls anzuhalten.
Liegt der Verdacht eines Münzvergehens gegen eine bestimmte Person vor, so ist
in der unter I. 2 vorgeschriebenen Weise zu verfahren.
Liegt ein solcher Verdacht nicht vor, 95 ist das Münzstück durch Zerschlagen oder Ein-
schneiden für den Umlauf unbrauchbar zu machen und alsdann dem Einzahler zurückzugeben.
Abgenutzte Reichsmünzen.
III. Reichsgoldmünzen, welche in geolge längerer Zirkulation und Abnutzung am
Gewicht sowiel eingebüßt haben, daß sie das Passirgewicht (§. 9 des Gesetzes vom
4. Dezember 1871, Reichs-Gesetzblatt S. 403) nicht mehr erreichen,
sowie
Reichs- Silber-, Nickel, und Kupsermünzen, welche in Folge längerer Zirkulation und
Abnutzung an Gewicht oder Erkennbarkeit erheblich eingebüßt haben, sind von allen Reichs-
und Landeskassen zum vollem Werth anzunehmen und in der Weise für Rechnung des