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setzende Resolut der Regierung ist der Rekurs an den Minister des Innern
zalässi, derselbe muß jedoch binnen einer zehntägigen Präklusiofrist nach Er-
ffnung des Resoluts bei der Regierung angemeldet werden.
g. 31.
Ueber diejenigen jüdischen Einwohner der Provinz Posen, welche sich zur Alcht natu-
Aufnahme in die Klasse der Naturalisirten noch nicht eignen, sind, wie bisher, lsie In-
vollständige Verxzeichnisse zu führen. den.
S. 32.
Auf Grund derselben ist von der Orts-Polizeibehörde jedem Familien-
vater, sowie jedem einzelnen volljährigen und selbstständigen Juden ein mit der
Nummer des Verzeichnisses versehenes Zertifikat zu ertheilen, welches, insofern
es eine Familie umfaßt, die Namen sämmtlicher Mitglieder derselben enthalten
muß, und nach der jährlichen Revision mit einem Visa versehen oder berich-
tigt wird.
g. 33.
Die Bestimmungen des Abschnitts I. finden auf die nicht naturalisirten
Juden nur unter folgenden besonderen Beschränkungen Anwendung:
1) Von allen unmittelbaren und mittelbaren Staatsämtern, sowie von Kom-
munaldmtern, imgleichen von allen Lehrämtern an anderen als jüdischen
Unterrichtsanstalten, bleiben sie ausgeschlossen.
2) Das städtische Bürgerrecht können sie nicht erwerben.
3) Auf dem Lande dürfen sie nur dann ihren Wohnsitz nehmen, wenn sie
entweder einen Bauerhof erwerben oder pachten und denselben selbst be-
wirthschaften, oder wenn sie sich bei ländlichen Grundbesitzern als
Dienstboten, oder zum Betriebe einzelner Zweige des landwirthschaftlichen
Gewerbes, z. B. als Brenner oder Brauer vermiethen.
4) Das Schankgewerbe ist ihnen nur auf Grund eines besonderen Gut-
achtens der Ortspolizei-Behörde über ihre persönliche Qualisikation von
der Regierung, jedoch niemals auf dem Lande, zu gestatten. Der Ein-
kauf und Verkauf im Umherziehen ist ihnen unbedingt untersagt.
5) Aus Darlehnsgeschäften können sie nur dann Rechte erwerben, wenn die
Spcchuldurkunde gerichtlich aufgenommen worden ist.
6) Schuldansprüche derselben für verkaufte berauschende Getränke haben
keine rechtliche Gültigkeit.
7) Der Umzug in andere Provinzen ist ihnen nicht gestattet, und für den
vorübergehenden Aufenthalt daselbst die Genehmigung des Ober-Präsi-
denten der Provinz erforderlich.
8) Nicht naturalisirte Juden männlichen Geschlechts bedürfen zur Schlie-
ßung einer Ehe eines vom Landrathe kosten= und stempelfrei auszuferti-
genden Trauscheins. Derselbe darf ihnen vor zurückgelegtem 24 ten Le-
ensjahre nicht anders, als auf Grund einer besonderen, auf dringende
Faͤlle zu beschraͤnkenden Erlaubniß des Ober-Praͤsidenten ertheilt werden.
(Nr. 2871.) §. 34.