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Anlage A.
Vorschriften für das Verfahren der ürzte
bei den gerichtlichen Untersuchungen menschlicher Leichen.
I. Allgemeine Bestimmungen.
81.
Gesetzliche Bestimmungen.
Die gerichtliche Leichenöffnung (Obduktion) wird nach den bestehenden
Vorschriften von zwei Arzten in Beisein des Richters vorgenommen. Die
Arzte haben die Pflichten gerichtlicher Sachverständiger. (Über Leichenschau
s. 8 30).
Weitere Bestimmungen sind enthalten in der Reichsstrafprozeßordnung
§ 87 ff. (Reichsgesetzblatt 1877 S. 268 ff.). Vergl. auch Min.-Verordn. vom
15. August 1879 über das Verfahren bei plötzlichen Todesfällen, bei Auf-
findung toter Personen und bei ausgebrochenen Bränden (Reg.-Bl. 1879 S. 450).
8 2.
Die obduzierenden Ärzte.
Die Zuziehung der Ärzte erfolgt nach den bestehenden gesetzlichen Vor—
schriften. Die Landgerichtsärzte und Bezirksärzte gelten als Gerichtsärzte im
Sinne des Gesetzes. Etwaige Zweifel bei der Ausführung der Leichenöffnung
entscheidet der Landgerichtsarzt. Im Falle der Verhinderung des Landgerichts—
arztes kann der Richter bestimmen, welcher der beiden zugezogenen Ärzte die
Leichenöffnung mit der Befugnis zur Entscheidung etwaiger Zweifel darüber zu
leiten habe. In jedem Falle bleibt dem andern Arzt die Befugnis vorbehalten,
seine abweichende Ansicht zu Protokoll zu geben.
83.
Zeit der Leichenöffnung.
Leichenöffnungen sollen in der Regel nicht vor Ablauf von 12 Stunden
nach dem Tode vorgenommen werden, ausnahmsweise und aus besonderen
Gründen kann die Offnung in dringenden Fällen auch früher erfolgen; in—