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ren in Gerichts= und Verwaltungssachen wird die bezeichnete Vorschrift mit Rück-
sicht auf die Bestimmung in §. 21 des Gesetzes vom 28. Mai 1857 zur Ver-
einfachung und Abkürzung des Verfahrens in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, sowie
mit Rücksicht auf den Zweck des Armenrechts zufolge der dem Großherzoglichen
Staats-Ministerium durch §. 19 des angezogenen Sportelgesetzes gewährten Be-
fugniß dahin interpretirt, daß
die Partei, welcher das Armenrecht von dem Prozeß-Gericht ertheilt wor-
den ist, neben den Kosten der Verhandlungen über das Armenrrecht selbst
von denjenigen Kosten vorläufig freizulassen ist, welche nach der Anbrin-
gung des Gesuchs um Ertheilung des Armenurechts in der vorlie-
genden Rechtsangelegenheit, d. h. in derjenigen Rechtsangelegenheit, in welcher
das Armenrecht gesucht und erlangt wurde, erwachsen sind oder noch erwachsen.
Weimar am 8. November 1873.
Großherzoglich Sächsisches Staats-Ministerium,
Departement der Justiz.
Stichling.
(124| IV. Nachdem durch die Reichsgesetzgebung über die Freizügigkeit und den
Unterstützungswohnsitz die bisherigen landesgesetzlichen Bestimmungen über die Hei-
mathsangehörigkeit und die Kompetenz im Bezug auf die Ausstellung der Gesinde-
dienstbücher wegfällig geworden sind, wird mit höchster Genehmigung Seiner König-
lichen Hoheit, des Großherzogs, Folgendes verordnet:
1) Für die dem Großherzogthum angehörigen Dienstboten, welche zur Zeit der
Bekanntmachung dieser Verordnung im Besitze eines, nach den bisherigen
Vorschriften ausgefertigten Dienstbuches sich nicht befinden, sowie für solche,
einem andern Deutschen Bundesstaate angehörigen Dienstboten, welche mit
einem von einer öffentlichen Behörde dieses Staates ausgestellten Dienst-
buche nicht versehen sind, hat — bezüglich an Stelle des nach §. 9 des
Nachtrages vom 20. April 1839 zur Gesindeordnung und §. 6 des Ge-
setzes über die Heimathsverhältnisse vom 23. Februar 1850 bisher dazu
berufenen Gemeindevorstandes — der Gemeindevorstand desjenigen Ortes
im Großherzogthum, an welchem dieselben zum ersten Male sich vermiethen
wollen, das Dienstbuch auszustellen, sobald ihm die Bundesangehörigkeit der
betreffenden Person bekannt oder nachgewiesen worden ist.
Bei Personen aber, welche einem Deutschen Bundesstaate nicht angehö-
ren, bewendet es bei den Bestimmungen im letzten Absatz von §. 9 des
Gesetzesnachtrages vom 20. April 1839 zu der Gesindeordnung vom 18. Juni
1823 (Reg.-Blatt vom Jahre 1839 Seite 245).