Full text: Gesetzsammlung für das Fürstenthum Reuß Älterer Linie. 1868. (17)

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Mündel die belgische Staatsangehörigkeit erworben habe und 
nach dem belgischen Recht durch Emanzipation geschäftsfähig 
geworden sei; es fährt dann fort: Habe der Mündel die deutsche 
Staatsangehörigkeit verloren, so stehe er den deutschen Vormund- 
schaftgerichten als Ausländer gegenüber. Ueber einen Ausländer 
aber, der seinen Aufenthalt nicht innerhalb des Deutschen Reiches 
hat und nach den Gesetzen des eigenen Heimatstaates des vor- 
mundschaftlichen Schutzes nicht bedürftig ist, könne eine Vor- 
mundschaft von deutschen Gerichten nicht geführt werden (Art.13 
EGBGB., Art. 1 Haag. VormundschAbk.). Hiernach könne die 
inländische Vormundschaft über den Mündel nur aufrecht erhalten 
werden, wenn dieser noch die preußische Staatsangehörigkeit be- 
sitzt und deshalb der deutschen Vormundschaftsgesetzgebung unter- 
worfen ist. Seine Behauptung, daß er die preußische Staatsan- 
gehörigkeit verloren habe, stütze der Mündel auf den $ 21 Staats- 
angehörigkeitsG., indem er geltend mache, daß er sich zehn Jahre 
lang ununterbrochen im Ausland aufgehalten habe. Wenn auch 
die Gewichtigkeit der Zweekmäßigkeits- und Billigkeitsgründe, die 
gegen die allgemeine Anwendung des $ 21 Abs. 1 Staatsange- 
hörigkeitsG. auf minderjährige Personen sprechen, nicht zu ver- 
kennen und die rechtliche Theorie von der Annahme eines still- 
schweigenden Verzichts an sich möglich sei, so sei doch als das 
richtigere die Ansicht zu erachten, daß der Verlust der Staatsan- 
gehörigkeit dureh zehnjährigen Aufenthalt im Auslande nicht auf 
der Unterstellung eines stillschweigenden Verzichts beruht, daß 
er lediglich durch die Tatsache des ununterbrochenen zehnjährigen 
Auslandsaufenthalts herbeigeführt wird und daß er auch bei Per- 
sonen eintritt, die vor erreichter Volljährigkeit ohne ihren Vater 
oder sonstigen gesetzlichen Vertreter und ohne dessen Einver- 
ständnis sich im Ausland aufgehalten haben. 
Dieser vom Kammergericht eingehend unter Würdigung der 
hierüber bestehenden Ansichten begründete Rechtsgrundsatz behält 
auch nach dem Inkrafttreten des neuen Staatsangehörigkeitsge-
	        
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