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die historischen Elemente der Völksvertretung ohne äußere Scheidung zur
äußeren Geschichte der österreichischen Verfassung, weiter zur Zuständig-
keit und Organisation des Reichsrates und der Landtage.
Aus dem Ganzen kann hier nur Einiges hervorgehoben werden. Mit
aller Schärfe wendet TEZNER sich gegen die Auffassung LABANDs hinsicht-
lich des Budget- und Steuerverweigerungsrechts (S. 366 f£.). Die Berechti-
gung eines budgetlosen Regiments auf eigene Verantwortung bestreitet er
als mit der ganzen geschichtlichen Entwicklung des konstitutionellen Etats-
rechts und der Steuerbewilligung im Widerspruch stehend; alle deductiones
ad absurdum, mit denen man versuche, gegen das Budget- und Steuerver-
weigerungsrecht des Parlaments anzukämpfen, scheiterten an der Erkennt-
nis, daß die konstitutionelle Lehre der Erwägung entsprungen sei, es werde
die Sorge vor den Konsequenzen einer Steuer- oder Rekrutenverweigerung
sich wirksam erweisen, um Machtexzesse der vollziehenden Gewalt zu ver-
hüten. Die Tezwerschen Ausführungen, soweit sie gegen LABAND gehen,
erscheinen mir zutreffend, andererseits halte ich sie nicht für beweiskräftig
soweit ein Recht der Budgetverweigerung in dem Sinne daraus hergeleitet
werden soll, daß das Parlament den Rechtsboden nicht verlassen kann,
wenn es andauernd dem Etat seine Zustimmung verweigert. M. E. begibt
sich sowohl das Parlament, welches in diesem Sinne handelt, wie auch die
Regierung, welche budgetlos verwaltet, von der festen Rechtsgrundlage hin-
weg auf einen Kampfplatz, auf welchem politische Gewalt, nicht das Recht
entscheidet. Daß jeder Teil seine moralische Position hierbei durch eine
ihm günstige Auslegung der Rechtsordnung zu verstärken sucht, ist nur
natürlich. Bei objektiver Betrachtung wird man aber kaum in der Lage
sein, einer Seite aus nicht politisch gefärbten Beweggründen beizustimmen.
Der Kriegszustand ist für beide Teile ein gefährlicher, die Existenz eines
jeden von ihnen ist bedroht. Die Erkenntnis dessen zwingt beide zum Ein-
lenken und zu Kompromissen, sie hält sie davon ab, den Rechtsboden zu
verlassen. Mir scheint, als ob letzten Endes TEZxeEr zu der gleichen Auf-
fassung kommt, wie sie hier angedeutet wurde, wenn er davon spricht,
daß „einem frivolen Mißbrauch des Budget- und Steuerverweigerungsrechts
natürliche Schranken gesetzt“ sind (S. 374). Wenn diese Schranken über-
schritten werden, „dann wird jener Weg zur Behebung des Unfugs zu be-
schreiten sein, der unter den gegebenen Umständen am besten zum Ziele
führt, und für welchen sich weder theoretische, aber noch weniger kon-
stitutionelle Rechtsregeln aufstellen lassen‘. Es kommt also auf den vom
Rechte nicht geregelten Kampf hinaus.
Wie bei der Darstellung des österreichischen Budgetrechts, so zieht
TEZNER auch in allen anderen wichtigen Punkten die allgemeinen staats-
rechtlichen Probleme in die Erörterung hinein und behandelt sie gründ-,
lich und in selbständiger Weise. Das Buch bedeutet eine wesentliche Be-
reicherung der Staatsrechtaliteratur. v. Hoffmann.