Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1849. (26)

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Art. 154. 
Die Hauptfrage wird dahin gerichtet, ob sich der Angeklagte der That, welche den Ge- 
genstand der Anklage bildet, mit den Umständen, wie vieselben in den Schlußworten des An- 
klageaktes zusammengefaßt sind, schuldig gemacht habe? 
Art. 155. 
War bei einem Verbrechen, von welchem das Strafgesetz verschiedene Abstufungen auf- 
stellt (z. B. bei der Nothzucht, der Brandstiftung, dem Raube), die Anklage auf den hö- 
bern Grad gerichtet, so find für den Fall, daß der Angeklagte des höhern Grades nicht für 
schulvig erklärt werden sollte, eine oder mehrere weitere Fragen wegen der geringeren Grade 
binzuzufügen. 
In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn die Verhandlungen genügende Gründe zu 
der Annahme ergeben, daß ver Angeklagte sich nur eines Versuchs schuldig gemacht, oder 
nur aus Fahrlässigkeit gehandelt habe, oder statt Urheber nur Gehülse over Begünstiger ge- 
wesen sei. 
. Art. 156. 
Werden die nach Art. 155 hinzugefügten Fragen bejaht, so hat der Schwurgerichtshof 
die sich darnach ergebenden Strafen auszusprechen, wenn das Verbrechen an und für sich auch 
nicht mehr zu seiner Competenz gehören sollte. 
Art. 157. 
Wenn in der Verhandlung sich Thatumstände ergeben, wegen deren dem Richter gebo- 
ten, oder wenigstens gestattet ist, die Strafe über den regelmäßigen höchsten Strafgrad hin- 
aufzusetzen (Art. 22 gualificirende Umstände), so stellt der Präsident über diese Thatsachen 
die geeigneten weiteren Fragen. 
Art. 158. 
Hat der Angeklagte zu seiner Entschuldigung Thatumstände geltend gemacht, oder sind 
aus der Verhandlung solche Thatumstände hervorgegangen, wegen deren dem Richter nicht 
blos gestattet, sondern geboten ist, die Strafe unter den regelmäßigen geringsten Grad 
herabzusetzen (strafmildernde Umstände), so hat der Präsident bei Vermeidung der Nichtigkeit 
an die Geschwornen die Frage zu stellen, ob diese Thatsache erwiesen sei? 
Art. 159. 
Gegen die Fragenstellung können sowohl der Staatsanwalt, als auch der Angeklagte 
und dessen Vertheidiger Einwendungen erheben, über welche der Schwurgerichtshof zu ent- 
scheiden hat.
	        
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