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zu der Ansicht gelangt, daß die Vollziehung einer erkannten Gefängnißstrafe von längerer
als vierwöchiger Dauer oder einer zeitigen Zuchthausstrafe von höchstens fünfjähriger
Dauer in Einzelhaft, statt in gemeinsamer Haft, angemessen wäre, so hat dasselbe die
Entscheidung des Strafanstalten-Collegiums darüber, ob der Verurtheilte in das Zellen-
gefängniß einzuliefern sei, einzuholen. Das Gericht hat, wofern die Akten nicht sogleich
entbehrlich sind, eine Abschrift des Urtheils, eine kurze Mittheilung über das Verbrechen
oder Vergehen, wegen dessen die Verurtheilung erfolgt ist, und eine Charakteristik des
Verurtheilten anzuschließen, auch den Grund, aus welchem das Gericht die Anwendung
der Einzelhaft angezeigt findet, in Kürze zu bezeichnen.
Hat in der Sache der Staatsanwalt mitgewirkt, so ist er um seine Ansicht zu ver-
nehmen und es kann derselbe seinerseits die Einholung der Entscheidung des Strafan-
stalten-Collegiums beantragen.
IV. Deßgleichen hat das Strafanstalten-Collegium die Entscheidung zu geben, wenn
in anderen als den unter II. 1. 2. genannten Fällen der Verurtheilte selbst den Wunsch
ausspricht, die Strafe im Zellengefängniß zu erstehen oder die Verwaltung einer andern
Strafanstalt die Versetzung eines dort befindlichen Gefangenen in das Zellengefängniß
für angezeigt erachtet.
Die Handhabung der unter III. und IV. dem Strafanstalten-Collegium zugewie-
senen Entscheidungsbefugniß wird dasselbe in die Lage setzen, einer Ueberfüllung des Zel-
lengefängnisses vorzubeugen.
Die gegenwärtige Verfügung, durch welche die Verfügungen vom 28. Dezember
1871 (Reg. Blatt S. 421 u. ff.) und vom 13. Januar 1873 (Reg. Blatt S. 1) theilweise
abgeändert werden, tritt sofort in der Weise in Wirksamkeit, daß dieselbe auch auf Fälle
Anwendung findet, in welchen die Strafe bereits erkannt, aber erst in Vollzug zu
setzen ist.
Stuttgart, den 9./11. Juli 1873.
Mittnacht.