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8. 172.
Der einjährig freiwillige Dienst der Mediziner.
1) Zum einjährig freiwilligen Militairdienst berechtigte Mediziner können ihrer Militairdienstpflicht
bei einem selbstgewählten Truppentheil entweder ganz mit der Waffe oder während der ersten
sechs Monate mit der Waffe und nach Absolvirung der Staatsprüfungen während der übrigen
sechs Monate als Arzt genügen.
2) Die allgemeinen Bestimmungen über die Bewilligung von Ausstand zum Dienstantritt (§. 159)
finden auf die zum einjährig freiwilligen Militair-Dienst berechtigten Mediziner in vollem Um-
fange Anwendung. Behufs Absolvirung der Promotionen und Staatsprüfungen darf seitens
der Ersatz-Behörden dritter Instanz ausnahmsweise eine Zurückstellung bis zum vollendeten 27.
Lebensjahre verfügt werden.
3) Diejenigen Mediziner, welche ihrer aktiven Dienstpflicht theils mit der Waffe theils als Arzt
zu genügen wünschen, können die sechsmonatliche Dienstzeit mit der Waffe in jedem Semester
ihres Studiums absolviren. Haben sie bei Ablauf dieser Zeit die' Approbation als Arzt noch
nicht erlangt, so dürfen sie auf ihren Antrag zur Reserve entlassen werden, mit der Verpflich-
tung, die übrigen sechs Monate ihrer aktiven Dienstpflicht nach Absolvirung der Staatsprüfungen
als Arzt zu dienen.
Behufs Erfüllung des Restes ihrer einjährigen Dienstzeit wird ihnen auf Anfuchen Ausstand
über das 23. Lebensjahr hinaus ertheilt.
4) Haben Mediziner während der Dauer des ihnen bewilligten Ausstandes die Staatsprüfungen
nicht absolvirt, oder das Studium der Medizin aufgegeben, so leisten sie ihre aktive Dienstpflicht
beziehungsweise den Rest derselben mit der Waffe ab.
5) Bei der Einstellung zu sechsmonatlicher Dienstzeit als einjährig freiwilliger Arzt ist die unbe-
dingt freie Wahl der Garnison und des Truppentheils nicht gestattet, jedoch sollen die Wünsche
der Betreffenden in Beziehung auf die Garnison möglichst berücksichtigt und ihnen die Kompe-
tenzen der Unterärzte zugebilligt werden, wenn sie außerhalb der Garnison ihrer Wahl in va-
kanten Stellen verwandt werden.
6) Bei eintretender Mobilmachung finden alle dazu qualifizirten, dienstpflichtigen Mediziner, gleich-
viel in welcher Weise sie etwa ihrer aktiven Dienstpflicht genügt haben, nach Maßgabe des Be-
darfs im Sanitätsdienst Verwendung.
Berlin, den 21. Oktober 1873.
Der Neichs-Kanzler. Der Kriegs-Minister.
Im Auftrage: In Vertretung:
Eck. v. Kameke.