Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1875. (52)

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§. 14. (§§. 44—51 des Reichsgesetzes). 
Unter „Wohnsitz“ (§. 42 des Gesetzes) ist der Ort zu verstehen, an welchem 
Jemand seinen Aufenthalt in der Absicht genommen hat, denselben bleibend zum Sitze 
seines Haushalts und zum Mittelpunkt seines Verkehrs zu machen. Durch den Weg- 
zug in der Absicht, nicht zurückzukehren, fällt der bisherige Wohnsitz fort, auch wenn 
ein neuer Wohnsitz nicht begründet worden ist. Bis zur Begründung eines eigenen 
Wohnsitzes theilen eheliche Kinder den Wohnsitz des Vaters, uneheliche den der Mutter. 
Der „gewöhnliche Aufenthalt“ wird durch das thatsächliche Verhältniß des längeren Ver- 
weilens an einem Orte, ohne die Absicht dauernd daselbst zu bleiben und denselben zum 
Mittelpunkt seiner Verhältnisse zu machen, bestimmt. Einen solchen Aufenthaltsort 
können daher auch Minderjährige, Hauskinder haben. 
Ein zur Eheschließung nicht zuständiger Standesbeamter kann durch einen zustän- 
digen Standesbeamten nur zur Eheschließung, nicht zur Vornahme des Aufgebots er- 
mächtigt werden (8§. 43, 44 des Gesetzes). Da vielmchr der ermächtigte, an sich nicht 
zuständige Standesbeamte nach §. 49 des Gesetzes außer der Ermächtigung zur Vor- 
nahme der Eheschließung auch noch einer Bescheinigung über den Vollzug des Auf- 
gebots und das Nichtvorhandensein von Ehehindernissen bedarf, so ist zweckmäßig, wie 
auch in den Formularen F und F’1 angedeutet wird, diese Bescheinigung mit jener Er- 
mächtigung zu verbinden. 
Den Standesbeamten sind vor Anordnung des Aufgebots die durch den dritten 
Abschnitt des Reichsgesetzes vorgeschriebenen und die in dem §. 13 der gegenwärtigen 
Verfügung bezeichneten Erfordernisse nachzuweisen. Das persönliche Erscheinen der Ver- 
lobten zu diesem Behuf ist nicht unbedingt erforderlich. Jedenfalls muß aber genügend 
nachgewiesen sein, daß der Antrag auf Anordnung des Aufgebots auch wirklich dem Willen 
der Verlobten entspricht. 
Die Standesbeamten haben zu prüfen, wessen Einwilligung nach dem Gesetz erfor- 
derlich ist, und sich, wenn es sich darum handelt, ob eine zur Zustimmung berechtigt 
gewesene Person weggefallen sei, hierüber Nachweis liefern zu lassen. Die zustimmende 
Erklärung, welche in den geeigneten Fällen (Gesetz §. 32) durch die richterliche Ergänz- 
ung der versagten Einwilligung ersetzt wird, kann schriftlich in beglaubigter Form oder
	        
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