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Bekanntmachung des Ministeriums des Innern,
bekreffend die Dienstanweisung für die Visitation der Privatirrenanstalten.
Vom 26. März 1890.
Unter Hinweisung auf §. 7 der Verfügung des Ministeriums des Innern vom
18. Oktober 1873 (Reg. Blatt S. 398), betreffend den Betrieb und die Ueberwachung
von Privatirrenanstalten, wird hiemit für die Visitation der Privatirrenanstalten die
hienach folgende Dienstanweisung erteilt und dieselbe zur allgemeinen Kenntniß gebracht.
Stuttgart, den 26. März 1890.
Schmid.
Dienstanweisung
für die Bisitation der Privatirrenanstalten.
§. 1
Die regelmäßigen Bisitationen sind durch die Oberamtsärzte oder deren besonders
beauftragte Stellvertreter, insoweit nicht im Einzelfalle andere Bestimmungen getroffen
werden, alljährlich zweimal — einmal im Sommer und einmal im Winter — und zwar
stets in einer für den Inhaber der Anstalt und das von demselben angestellte Personal
unvermutheten Weise vorzunehmen.
Bei Anstalten, welche nicht schon früher der Visitation unterworfen waren, hat der
Oberamtsarzt vor der Vornahme der ersten Besichtigung die Entschließung des K. Me-
dizinalkollegiums, Abtheilung für die Staatskrankenanstalten, einzuholen.
2
Der Visitator hat nach seiner Ankunft in der Anstalt den Vorstand derselben oder
dessen Stellvertreter von seiner Anwesenheit in Kenntniß zu setzen und zutreffendenfalls
auch den ökonomischen Verwalter, sowie den nicht in der Anstalt wohnenden behandelnden
oder den dieselbe regelmäßig beaufsichtigenden Arzt (reine Pfleganstalten für unheilbare
Kranke) zur Theilnahme an der VBisitation auffordern zu lassen, übrigens unabhängig
von dem Erfolg dieser Einladung unter Zurhandnahme des dem Anstalts-Inhaber aus-
gestellten Konzessionsdekrets sofort mit der Vornahme der Visitation zu beginnen und
zunächst die Krankenräume und wirthschaftlichen Gelasse, oder bei größeren Anstalten
wenigsteus einige derselben (Abtheilungen für unruhige und unreinliche Kranke, Speise-