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buchs für das Deutsche Reich.) Die Strafanstaltsverwaltung hat sich einige Zeit vor der
Entlassung der betreffenden Gefangenen auf Grund der über ihre Persönlichkeit und ihr
Verhalten während der Erstehung der Strafe von den Beamten und andern Bediensteten
der Strafanstalt gemachten Wahrnehmungen gegen die zuständige Polizeibehörde gutächtlich
darüber zu äußern, ob Polizeiaufsicht zu verfügen oder hievon abzustehen sein dürfte. Das
Betragen in der Strafanstalt wird aber stets von wesentlichem Einfluß darauf sein, ob die
Polizeiaufsicht gegen den einzelnen Gefangenen verfügt wird. (Verfügung der Ministerien
der Justiz und des Innern vom 16. Jannar 1872, Reg. Blatt S. 5 ff.) Endlich
kann ein Gefangener, welcher sich längere Zeit stets vorzüglich gut betragen hat, zur
Berücksichtigung im Gnadenweg empfohlen werden.
Die löblichen Handlungen eines jeden Gefangenen und dessen Vorrücken in eine höhere Sitten-
klasse werden ebenso wie die Verfehlungen und Strafen in den Personalakten des Gefangenen
kurz vermerkt.
Dritter Abschnitt.
Entlassung der Gefangenen.
S. 79.
Wegen der Entlassung der unvermöglichen, der unter Polizeiaufsicht gestellten, der in ein
Arbeitshaus eingewiesenen und der hilfsbedürftigen Gefangenen sind die Verfügungen der Ministerien
der Justiz und des Innern vom 16. Januar 1872, Reg. Blatt S. 5, vom 17. Jannar 1872, Neg.=
Blatt S. 12, vom 15. Oktober 1872, Reg. Blatt S. 345, und vom 22. März 1895, Neg. Blatt S. 98,
zu beachten.
Vorstehende Bestimmungen finden nach Beschaffenheit des Falls auch dann Anwendung, wenn
der zu Entlassende einem andern deutschen Staate angehört.
Bezüglich der Entlassung ausländischer, dem Deutschen Reiche nicht angehöriger Gefangener wird
auf Ziff. 10 der Ministerialverfügung vom 17. Jannuar 1872 hingewiesen.
§. 80.
Am Tage vor der Entlassung wird der Gesundheitszustand des Austretenden ärztlich untersucht
und das etwa Nöthige angeordnet. Es wird mit ihm über sein Guthaben abgerechnet und werden
seine Effekten dem UAufseher übergeben.
Zunächst wird der Gefangene dem Vorstand vorgeführt, welcher ihn in der dem einzelnen
Fall angemessenen Weise verabschiedet, insbesondere, wo dies angezeigt ist, eine eindringliche Rück-
fallsverwarnung ertheilt. Zugleich wird Gefangenen, welche die zur Bestreitung der Kosten der
Mesise an den Bestimmungsort nöthigen Mittel nicht besitzen (vergl. §. 60), die tarifmäßige Reise-