Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1899. (76)

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Bei denjenigen Gefangenen, welche die Disciplinarstrafe der einsamen Haft erstehen, treten die 
in 8. 61 verordneten Beschränkungen ein. 
Gefangene, gegen welche wegen einer sie betreffenden gerichtlichen Untersuchung Haftbefehl erlassen 
ist, sind gleichfalls nach Thunlichkeit, jedoch unter Beobachtung der nöthigen Vorsicht und abgesondert 
von den übrigen Gefangenen, zum Genuß der freien Luft zuzulassen. 
D. Krankenpflege. 
§. 36. 
Die Behandlung erkrankter Gefangener findet in der Regel innerhalb der Strafanstalt statt. 
Wenn der Zustand des Erkrankten die Verbringung in eine besondere Heilanstalt erfordert, so ist hiezu 
die Genehmigung des Strafanstaltenkollegiums einzuholen. 
Die in der Strafanstalt einzurichtenden Krankenzimmer müssen mit allem Nöthigen zu guter und 
regelmäßiger Verpflegung der Kranken ausgestattet sein. Auch muß für stete Erhaltung der Reinlich- 
keit, reiner Luft und eines der Gesundheit zuträglichen Standes der Lufttemperatur in denselben gesorgt 
werden. 
8. 37. 
Die unmittelbare Pflege und Wart der kranken Gefangenen wird unter Leitung des Hausarztes 
und unmittelbarer Ueberwachung eines mit den niederen chirurgischen Verrichtungen vertrauten Auf- 
sehers durch Krankenwärter besorgt. 
Gefangene, welche hiezu verwendet werden, erhalten nicht nur eine Zulage von 125 Gramm 
Fleisch zu der ordentlichen Gefangenenkost, sondern es darf ihnen auch nach Bedürfniß von dem 
Vorstand auf Verwendung des Hausarztes eine Zulage von 1¼ Liter Wein oder 1 Liter Bier je 
fur den Zeitraum von 24 Stunden bewilligt werden. 
S. 38. 
Erkrankte Gefangene werden in die besondere Krankenabtheilung versetzt, es wäre denn die 
Erkrankung eine leichte. 
Von jedem Fall der Erkrankung eines Gefangenen ist durch das Aufsichtspersonal dem Haus- 
arzte Anzeige zu erstatten, welcher darüber zu entscheiden hat, ob eine ärztliche Behandlung und zwar 
entweder in der Zelle oder in der Krankenabtheilung, ob eine Unterbrechung der Arbeitsthätigkeit des 
Gefangenen und eine Aenderung in seiner Lebensweise einzutreten habe. In dringenden Fällen kann 
der Kranke, bevor eine Anordnung des Hausarztes erfolgt ist, in die Krankenzimmer verbracht werden. 
Verfällt ein Gefangener in Geisteskrankheit, so ist seine Verbringung in eine Irrenanstalt zu 
betanlassen. 
§. 39. 
Kranke Gefangene sind in Absicht auf die gesammte Verpflegung nach den Vorschriften des Haus- 
arztes zu behandeln, welcher sich dabei hinsichtlich der Krankenkost nach dem Negulativ, Beilage 
Nr. V, zu achten hat. 
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