Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1899. (76)

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den Gefangenen Gelegenheit zu geben, etwaige Bitten, Anliegen oder Beschwerden den Visitatoren 
vorzutragen. 
Gegen die Entscheidung des Strafanstaltenkollegiums über eine Beschwerde steht dem Gefangenen 
binnen einer Woche von der Eröffnung an weitere Beschwerde an das Justizministerium zu. 
XI. Zuchtmittel. 
§. 126. 
Vorbehältlich strafgerichtlicher Verfolgung kommen neben der Entziehung oder Beschränkung 
hausordnungsmäßiger Befugnisse und Vergünstigungen (vgl. z. B. oben §. 76 letzter Absatz, §. 80 
Abs. 2, §. 118 Abs. 2) und, wofern nicht eine Erinnerung oder Warnung genügt, als Disciplinar- 
strafe zur Anwendung: 
a) gegen Untersuchungsgefangene: 
1. Geldstrafe bis zu einhundert Mark, 
2. Verschärfung der Haft durch Anweisung einer minder bequemen Lagerstätte bis zur Dauer 
von acht Tagen, 
3. Schmälerung der Kost je um den andern Tag bis zur Dauer von acht Tagen; 
b) gegen Strafgefangene: 
Schmälerung der Kost je um den andern Tag, jedoch nicht länger als während der Dauer 
einer Woche. 
Die Disciplinarstrafen unter a) Ziff. 2 und 3 können verbunden zur Anwendung gebracht 
werden. (Vgl. Art. 7 des Ausführungsgesetzes zur Reichsstrafprozeßordnung vom 4. März 1879, 
Neg. Blatt S. 50, und Art. 5 des Gesetzes vom 26. Dezember 1871, betreffend Aenderungen des 
Landesstrafrechts und der Strafprozeßordnung bei Einführung des Strafgesetzbuchs, Reg. Blatt S. 380.) 
S. 127. 
Der Erlassung einer Disciplinarstrafverfügung muß ein summarisches Verfahren vorausgehen, 
in welchem dem Gefangenen über die ihm zur Last gelegte Verfehlung sich zu verantworten Gelegen- 
beit gegeben wird. 
Die Strafverfügung und ihre Veranlassung ist zu Protokoll zu nehmen. 
Der Gefängnißvorstand hat ein bezügliches fortlaufendes Protokollheft zu führen, in welches 
auch ein Vermerk über die ihm anzuzeigenden, von anderen richterlichen Beamten gegen Unter- 
suchungsgefangene verhängten Disciplinarstrafen aufzunehmen ist. 
Die richterliche Zuständigkeit zur Verhängung von Ordnungsstrafen gegen Untersuchungsgefangene 
bestimmt gemäß der Vorschrift in Art. 7 Abs. 2 des Ausführungsgesetzes zur Strafprozeßordnung vom 
4. März 1879 das Justizministerium. (Vgl. die demgemäß erlassene Verfügung des Justizministe- 
riums vom 16. Oktober 1879, Reg. Blatt S. 460.) 
Auf die Beschwerde gegen die vom Richter getroffene Strafverfügung finden die Bestimmungen 
der Strafprozeßordnung über das Rechtsmittel der Beschwerde Anwendung. 
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