— 345 —
Gewaltreceht dagegen ihn nur als den Mithelfer oder Hemmenden
im Staatsleben, in dem Gemeinschaftsleben aller miteinander. Die
befehlende Polizeiverfügung ruft den Einzelnen zur Tätigkeit im
Allgemeinheitsinteresse auf. Die Zeugenvorladung hält ihn an, im
Interesse der Allgemeinheit durch Bekundung seiner wahrhaftigen
Wahrnehmungen handelnd zu dienen. Die Aufsichtsverfügung der
vorgesetzten Behörde an die nachgeordnete erinnert die letztere
an ihre Pflicht und ein nötiges Tun oder Lassen.
Diese Erkenntnis von den Verschiedenheiten der Rechtssphären
muß aber unseres Ermessens dazu führen, einen Begriff und dessen
vorbehaltloser Uebertragung aus dem Zivilrecht in das breitere
Verwaltungsrecht mit besonderer Zurückhaltung entgegenzutreten:
dem Begriffe des Willens. Nach unserer Meinung muß man eine
dreifache Nuancierung bei ihm nachprüfen: einmal in der
Eigenheit als der dem zivilistischen Willen verwandte Begriff, der
dort auftritt, wo das Verwaltungsrecht sich dem Zivilrecht nähert,
nämlich bei den rechtschöpferischen Verfügungen; — dann als
staatshoheitlieher Verwaltungswille der Behörde, der Behörde als
Trägerin der Staatsidee und Förderin des Staatszweckes im Ge-
waltrecht — und schließlich als Wille der einzelnen Untertanen in
der Gewaltünterworfenheit, als Wille zur Mitwirkung im Staats-
leben oder als Wille in der Passivität gegenüber dem befehlenden
Staate.
Im zivilistisehen Sinne führt der Begriff Wille uns in einen
besonderen Ideenkreis hinein. Dort gilt eine besondere Willens-
bewertung, dort spielt er eine eigene Rolle als Rechtsguterzeuger
und Rechtsgutvernichter, dort gelten besondere Annahmen und
Fiktionen hinsichtlich seines wirklichen Vorhandenseins und der
Folgen, die sich an dieses Vorhandensein anknüpfen. Im Ge-
waltrecht, im Tätigkeitsrecht, liegt etwas wesentlich anderes vor.
Der Wille hat hier eben die beiden fremdartigen Erscheinungs-
formen: als staatshoheitlicher Befehlswille der Behörde und als
Lebensregung des Gewaltunterworfenen. In beiderlei Hinsicht ist