10
□10
23
Sind die Reklamationsgründe durch freie Entschließung des Militärpflichtigen oder seiner Ange-
hörigen herbeigeführt (z. B. durch Ankauf, Erpachtung, Uebertragung eines Besitzthums u. s. w.),
so sind sie in der Regel zu verwerfen.
Das Vorhandensein verheiratheter Brüder, welche zur Zeit der endgültigen Entscheidung über
den Militärpflichtigen mindestens 26 Jahre alt und durch ihren eigenen Hausstand außer Stand
gesetzt sind, reklamirende Eltern zu unterstützen, ist als Grund zur Verwerfung der Reklamation
nicht anzusehen, es sei denn, daß die Verheirathung und Gründung des eigenen Hausstandes erst
nach dem Musterungstermine desjenigen Jahres stattgefunden hat, in welchem die Aushebung
des Reklamirten erfolgt ist.
Auch ist das Vorhandensein eines oder mehrerer älterer Brüder, welche im Heere oder in der
Marine als Unteroffiziere dienen, kein Grund der Abweisung, insofern eine Bescheinigung des Truppen-
(Marine-theils darüber vorliegt, daß dieser mit ersteren auch fernerhin zu kapituliren gedenkt.
Wird die Zurückstellung eines Militärpflichtigen in Antrag gebracht, weil dieser als die einzige
Stütze seiner Eltern oder Angehörigen zu betrachten ist, indem ein anderer zur Unterstützung
derselben Verpflichteter sich dieser Pflicht entzieht, ausgewandert ist, oder wegen strafbarer Hand-
lungen eine längere Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, so ist der Antrag auf Zurückstellung des
ersteren in der Regel als begründet nicht zu betrachten und besonders dann nicht, wenn jener
andere zur Unterstützung Verpflichtete etwa selbst schon zu diesem Behufe von der aktiven Dienst-
pflicht entbunden worden ist.
Auch kann in der Regel daraus ein Reklamationsgrund nicht hergeleitet werden, daß ein
zur Unterstützung Verpflichteter dieser Verpflichtung nur unter besonderen Opfern nachkommen
kann, indem er z. B. sein lohnendes Gewerbe zeitweise aufgibt, um dem arbeitsunfähigen Vater
unmittelbar hilfreiche Hand zu leisten.
Die im SF. 32, „ à bezeichneten Berücksichtigungen dürfen in der Regel nicht eintreten, wenn die
Familie 2c. neuerdings erhebliche Unterstützungen aus Armenfonds bezogen hat.
Wenn es sich in den Fällen des §. 32, 2 a und d darum handelt, festzustellen, ob die Person,
zu deren Gunsten reklamirt worden ist, noch arbeits= bezw. aussichtsfähig ist oder nicht, so ent-
scheiden hierüber die Ersatzbehörden nach Anhörung des Gutachtens des denselben beigegebenen
Arztes, weshalb in derartigen Fällen die gedachte Person sich den Ersatzbehörden persönlich vor-
stellen muß (§. 63, ). Ist dies unthunlich, so darf die Berücksichtigung nur auf Grund eines
beigebrachten Zeugnisses erfolgen, welches von einem beamteten Arzte ausgestellt ist.
Die in Vorstehendem enthaltenen Bestimmungen finden auf Stiefsöhne und Adoptivsöhne sowie
auf uneheliche Söhne gegenüber ihrer Mutter gleiche Anwendung, wogegen sie auf Pflegesöhne,
welche nicht durch gerichtliche Urkunden an Kindesstatt angenommen sind, sowie auf Schwieger-
söhne in der Regel nicht ausgedehnt werden dürfen.
Adoptionsverträge, welche erst nach Eintritt in das militärpflichtige Alter (§. 22,, ) geschlossen
sind, gewähren in der Regel auf Berücksichtigung keinen Anspruch.
Eine Zurückstellung auf Grund des §. 32, 21 darf nicht stattfinden, wenn in ihrer allgemeinen
Ausbildung zurückgebliebene Militärpflichtige sich — behufs Behebung dieses Mangels — durch
Gymnasial= oder anderen Unterricht fortbilden wollen, um später die wissenschaftliche Befähigung
für den einjährig-freiwilligen Dienst nachzuweisen.
Auf Schüler von Landwirthschafts= und Handelsschulen kann dagegen die Bestimmung des §. 32, #1
in Anwendung gebracht werden, wenn sie sich nachweislich der Landwirthschaft bezw. dem Handel
widmen wollen, ebenso auch auf Militärpflichtige, welche in den Offizierstand zu treten beabsich-
tigen und sich auf einer Privatschule zu den nöthigen Prüfungen vorbereiten, wenn sie sich im
Besitz einer Annahme-Erklärung von einem Truppentheile befinden.
4