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Stiftung Jesu hat knapp und zutreffend Bischof
v. Ketteler beantwortet: „Dieses Verhältnis war
nicht gegen die Stiftung, es ist aber auch kein
notwendiger Ausfluß der Stiftung Christi und
hat daher aufgehört, seitdem die Völker es auf-
gelöst haben“ (v. Ketteler, Das Recht und der
Rechtsschutz der katholischen Kirche (21854) 39.
Vgl. eingehender Martens a. a. O. 23 ff).
Was die sachlich-politische Beurteilung
der mittelalterlichen Theokratie angeht, so ver-
stehen wir heute die enge damalige Verbindung
von Staat und Kirche, die Vermischung der staat-
lichen und kirchlichen Aufgaben als den groß-
artigen Erziehungsprozeß der jungen mittelalter-
lichen Völker durch die Kirche. Der historische
Sinn unserer Tage hat heute manches Urteil des
Vulgärliberalismus und seiner Geschichtsdarstel-
lung rektifiziert. Auch die nüchternste historische
Kritik wird der mittelalterlichen Theokratie eine
hohe soziale und geistige Bedeutung zuerkennen,
falls nicht der Haß gegen alles Katholische den
Blick trübt (vgl. das ungerechte Urteil von
Treitschke, Politik II (18981 21).
Die Schattenseiten und die Bedenken gegen das
hierokratische System braucht man deshalb auch
als Katholik durchaus nicht zu übersehen: in vor-
nehmer Sachlichkeit, zugleich ohne irgend einen
Versuch zu beschönigen, hat diese Bedenken Walter
zusammengestellt: Erstens erschafft sie (scil. die
Herrschaft der theokratischen Theorie) einen gesell-
schaftlichen Zustand, wo die Religion unbedingt
zur Staatssache gemacht und in die bürgerliche
Ordnung verflochten ist, so daß religiöse Ver-
irrungen und Spaltungen alsbald auf das politi-
sche Gebiet zurückwirken, und die Staatsgewalt
sich dadurch zu ihrer eignen Erhaltung ge-
drungen fühlt, die von der Kirche verworfenen
Irrlehren gegen deren Anhänger als Staats-
verbrecher mit schweren Strafen zu verfolgen, was
zu einer Härte und Grausamkeit führt, deren Ver-
anlassung nach der gemeinen Auffassung auf die
Religion und Kirche selbst zurückfällt und sie ge-
hässig macht. Zweitens erzeugt die die Kirche
überall umgebende mächtige Unterstützung der
Staatsgewalt in der Geistlichkeit leicht ein Ge-
fühl falscher Sicherheit und Vernachlässigung ihrer
geistigen Kraftübung, in den Massen eine ge-
zwungene, bloß äußerliche Religionsübung, über-
haupt geistige Erschlaffung und Erstarrung, welche
das religiöse Bedürfnis nicht befriedigt und es in
falsche Bahnen leitet. Drittens ist die Einmischung
der Kirche in die weltlichen Angelegenheiten zur
Handhabung des christlichen Prinzips eine höchst
schwierige Aufgabe, deren Durchführung bei ihren
Häuptern die größte Umsicht, geistige Uberlegen-
heit und Mäßigung erfordert; sie führt auf ein
biegsames Gebiet, wo Kontestationen und Rei-
bungen fast unvermeidlich sind; sie veranlaßt An-
sprüche und Mißgriffe, welche die öffentliche Mei-
nung verletzen und die Autorität der Kirche auch
in wesentlichen Dingen erschüttern“ (Walter,
Theologische Fakultäten.
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Naturrecht und Poli#ik im Licht der Gegenwart
[218711 375).
Literatur. Abgesehen von der im Kontext be-
reits angeführten genügt der Hinweis auf Säg-
müller, Lehrbuch des kath. Kirchenrechts (21909)
§5 13 u. 14, wo die Literatur über das prinzipielle
u. besonders über das historische Verhältnis von
Staat u. Kirche in reichstem Maß angegeben ist.
Ebenso bei U. Stutz, Kirchenrecht, in Holtzendorff-
Kohlers Enzyklopädie der Rechtswissenschaft II
(51904). [(Adolf Ott.]
Theologische Fakultäten. [Begriff und
Unterscheidung von den Klerikalseminarien. Stati-
stische Übersicht über die kirchlichen und staatlichen
Fakultäten. Geschichte der deutschen Fakultäten im
19. Jahrh. Die rechtliche Stellung der staatlichen
Fakultäten, insbesondere ihr Verhältnis zur katho-
lischen Kirche. Die evangelisch-theologischen Fa-
kultäten im Deutschen Reich.]
1. Begriff der theologischen Fakul-
täten und ihre Unterscheidung von den
Klerikalseminarien. Die theologischen Fa-
kultäten sind wissenschaftliche Anstalten, welche die
theologische Disziplin in Forschung und Lehre ver-
treten. Bezüglich dieser doppelten Aufgabe stim-
men die theologischen Fakultäten der Gegenwart
mit den weltlichen Fakuliäten überein, während
die mittelalterlichen Universitäten fast ausschließ-
lich den Charakter von rein wissenschaftlichen In-
stituten hatten. Dagegen sind die Klerikalsemina-
rien nur für die wissenschaftliche Ausbildung der
zukünftigen Geistlichen bestimmt. Aus diesem
Grund hat auch das Konzil von Trient in dem
berühmten Seminardekret der Sess. 23, c. 18
de reform. angeordnet, daß wo möglich in jeder
Dihzese eine solche Fachschule für die Bildung des
Klerus errichtet werden muß. Denn die Sorge
für die Gewinnung eines tüchtigen klerikalen Nach-
wuchses ist Aufgabe der Diözesanbischöfe. Außer-
dem unterscheiden sich die Klerikalseminarien und
die theologischen Fakultäten in prinzipieller Hin-
sicht noch dadurch voneinander, daß die ersteren
nicht nur für die wissenschaftliche Bildung, sondern
auch für die moralisch-aszetische Erziehung der
Priesteramtskandidaten eingerichtet sind, während
die letzteren bloß den wissenschaftlichen Zwecken
dienen. Nach der strengen tridentinischen Form um-
fassen die Klerikalseminarien auch eine Abteilung
für Knaben (seminaria puerorum), in welcher
die humanistischen Fächer gelehrt werden. Hierauf
beruht die französische Unterscheidung der petits
und grands séminaires. Die deutschen Klerikal-
seminarien sind dagegen nur für die philosophisch-
theologischen Studien bestimmt (seminaria ado-
lescentum).
Die genannten theoretischen Unterscheidungs-
merkmale zwischen den Seminarien und Fakultäten
sind in der Praxis vielfach abgeschwächt oder fast
ganzu#ausgeglichen. Namentlich ist dieses in Deutsch-
land der Fall, wo beide Institute sich durch wechsel-
seitige Ubernahme ihrer besondern Eigenschaften ein-
ander sehr stark genähert haben. Mit allen theologi-