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I. Entscheidung über die gegen Aberwiesene zu treffenden Maßregeln.
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Wenn von einem württembergischen Gericht (zu vergl. Verfügung vom 15. Oktober
1872, betreffend die Stellung unter Polizeiaufsicht und die Beschlußfassung über Unter-
bringung eines Verurteilten in ein Arbeitshaus oder Verwendung desselben zu gemein-
nützigen Arbeiten, Reg. Bl. S. 345) auf Überweisung einer verurteilten Person an die
Landespolizeibehörde erkannt worden ist, so hat die Kreisregierung darüber Beschluß zu
fassen, ob von den der Landespolizeibehörde nach § 362 Abs. 3 und 4 des Strafgesetz-
buchs für das Deutsche Reich in der Fassung des Reichsgesetzes vom 25. Juni 1900
(Reichs-Gesetzbl. S. 301) gegen die überwiesene Person zustehenden Befugnissen Gebrauch
gemacht, und welche der dort vorgesehenen Maßregeln verhängt werden soll.
§ 2.
Zum Zweck der Beschlußfassung der Kreisregierung hat die Staatsanwaltschaft des
Landgerichts oder der Amtsrichter, welchem die Strafvollstreckung obliegt (§ 483 der
Strafprozeßordnung vergl. mit der K. Verordnung vom 25. September 1879, betreffend
die Strafvollstreckung in den zur Zuständigkeit der Schöffengerichte gehörigen Sachen,
Reg. Bl. S. 361, und der Verfügung des Justizministeriums, betreffend die Vollstreckung
der von den bürgerlichen Gerichten erkannten Freiheitsstrafen, vom 14. September 1903,
Reg. Bl. S. 461), so schleunig als möglich das Oberamt, in dessen Bezirk das in erster
Instanz erkennende Gericht seinen Sitz hat, von dem Urteil in Kenntnis zu setzen und
demselben die gerichtlichen Akten nebst den für die Stellungnahme des Oberamts und
der Kreisregierung als erheblich erscheinenden Hilfsakten zur Einsicht zu übersenden.
Gleichzeitig ist dem Oberamt mitzuteilen, an welchem Tage die verurteilte Person ihre
Freiheitsstrafe verbüßt haben wird.
Wenn der Beschuldigte nur zu einer Freiheitsstrafe von kurzer Dauer verurteilt
wurde, ist nach Beschaffenheit der Umstände schon nach der Verkündung dieses Urteils,
und bevor es rechtskräftig geworden ist, das Oberamt durch Mitteilung einer Abschrift
des Urteils und der Entscheidungsgründe in den Stand zu setzen, die für seine spätere
Antragstellung erforderlichen Erkundigungen vorsorglich einzuziehen.
Von dieser Mitteilung an das Oberamt ist der Vorstand der Strafanstalt oder des