Full text: Modernes Fürstenrecht

100 8 7. Der Begriff des landeaherrlichen Hauses. 
bei regierenden Häusern der Familienchef jene Gewalt nicht 
im Namen der Familie betätigt. Würde die Familiengewalt 
ihm in Vertretung des Hauses zukommen, so wäre nicht 
möglich, daß ein Teil der Hausgesetze, so das Bayerns (Art. 2 
& 1) und Oldenburgs (Art. 2) den Landesherrn überhaupt nicht 
zum landesherrlichen Hause rechnet. Art. 2 $ 1 des bayeri- 
schen Familienstatuts von 1819 bestimmt lediglich: „Das 
königliche Haus begreift a) alle Prinzen und Prinzessinnen, 
b) die Gemahlinnen der königlichen Prinzen und ihre Witwen“). 
Recht hat Gierke für die Hausgewalt im nichtregierenden 
Hause. Sie übt das Haupt nicht im Namen des Staates, son- 
dern im Namen des Hauses. — Vgl. zu Gierke auch oben S. 95. 
D. Ein Punkt bedarf noch der Hervorhebung: weder 
der engere noch der weitere Begriff des regierenden Hauses 
darf auf das Moment der Thronfolgefähigkeit aufgebaut 
werden?). Wer auf seine Thronanwartschaft und sonst auf 
nichts verzichtet, scheidet damit weder aus der engeren noch 
aus der weiteren Familie aus. Er bleibt der Familiengewalt 
untertan und verliert seine übrigen agnatischen Rechte nicht, 
es müßte denn Sonderfürstenrecht dies ausdrücklich bestim- 
men. Wir kennen einen Fall: Das Hausgesetz für die groß- 
herzogliche oldenburgische Familie, Art. 16 $ 1, schließt den 
auf die Staatserbfolge (bezw. die Sukzession in das Haus- 
fideikommiß) Verzichtenden von der Teilnahme am Familien- 
rate aus. Vgl. oben S. 36. 
U. Wie wir bereits wissen (vgl. $ 6), ist die landes- 
fürstliche Hausgewalt in der Hauptsache allein durch Haus- 
gesetz geregelt. Hausgesetze sind es, die sagen: durch Ver- 
mählung nach außen scheide die Prinzessin, durch Übernahme 
eines fremden Thrones scheide der Prinz aus dem regieren- 
den Hause aus, und Hausgesetze sind es, welche den Landes- 
herrn selbst überhaupt nicht zur landesherrlichen Familie 
rechnen. Auf der anderen Seite sind es die Verfassungsgesetze, 
welche dem Mannesstamme und eventuell der weiblichen Linie 
!) Biehe näher Rehm, Begriff des landesherrlichen Hauses u. s. w. 8.19f. 
*) Dies tut Brie, Art. Landeaherrliches Haus in v. Stengels Wörterbuch 
des deutschen Verwaltungsrechtes Bd. II (1890) 8. 10.
	        
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