8 8. Die Faktoren der fürstlichen Hausgesetzgebung. 111
bestimmt: „Änderungen dieses Hausgesetzes können von dem
Großherzoge nur mit Zustimmung sämtlicher dem Familien-
rat angehörigen Mitglieder des großherzoglichen Hauses vor-
genommen werden“ und dann — und dies ist der stärkste
Beweis für den Wechsel der Anschauung — das hannoversche
Hausgesetz vom 19. November 1836. Obwohl es selbst, wie
wir oben S. 105 hervorhoben, vom König als solchem „ver-
ordnet“, von ihm für die Mitglieder seines Hauses für „ver-
bindlich“ erklärt, somit als Staatsgesetz für das Haus erlassen
ist, enthält es doch in Kapitel II $ 3 die Vorschrift: „Es
darf aber keine der hausgesetzlichen Bestimmungen, welche
das Recht und die Ordnung der Thronfolge angehen, eine
Änderung erleiden, es wäre denn, daß, außer der den Ständen
des Königreichs laut Kap. II $ 26 des Staatsgrundgesetzes
vorbehaltenen Zustimmung, auch sämtliche stimm- und suk-
zessionsfähige Agnaten, unter Vertretung der noch unmündigen,
darin willigten.“ Soweit also soll das Hausgesetz die Natur
und Wirkung eines echten Hausgesetzes beigelegt erhalten.
Im übrigen, soweit es die Familienaufsicht betrifft, ist es
Staatsgesetz für das Haus. Daß solche Hausgesetze als un-
echte agnatischer Zustimmung nicht bedürfen, folgt eben aus
ihrem Wesen als reine Staatsgesetze. Daß derartige Gesetze
des Staates für das Haus auch heute noch möglich, darauf
wiesen wir in $ 6 II A 1 hin und erwähnten dort besonders
die hannoversche Verfassung.
II. Ein Fall aus neuester Zeit ist allerdings bekannt, wo
Hausrecht bewußt ohne Zustimmung der Agnaten abgeändert
wurde. Er liegt vor in dem Sachsen-Meiningschen Gesetz
vom 9. März 1896 zur Ergänzung der Verfassung. Trotzdem
erbringt auch die Entstehungsgeschichte dieses Gesetzes den
Beweis, daß wie in den übrigen Staaten so auch in Meiningen
grundsätzlich die Rechtsanschauung herrscht, daß Hausgesetze
agnatischer Zustimmung bedürfen.
In Sachsen-Meiningen war die Anfechtung, welche die
Eibenbürtigkeit der gräflichen Linie Lippe-Biesterfeld für deren
Regierungsnachfolge in Lippe seitens der nachfolgenden
Linie Schaumburg-Lippe erfahren hatte, die Veranlassung dazu,
daß in jener Novelle vom 9. März 1896 neuredigierte Be-