Full text: Modernes Fürstenrecht

8 8. Die Faktoren der fürstlichen Hausgesetzgebung. 113 
dieses Gesetzes es auch der Zustimmung der jüngeren Linien 
des sächsischen Gesamthauses bedurft hätte. Denn wird 
eine in Zweifel gezogene Ebenbürtigkeit für unbestreitbar 
erklärt, so können hierdurch agnatische Rechte Verletzung 
finden. Vgl. $ 20. 
Aus dieser Ursache sollte das Gesetz nicht als Staats- 
und Hausgesetz, sondern lediglich als ersteres ergehen, indem 
man die Meinung vertrat, kraft seiner Souveränität, will 
sagen Unabhängigkeit von anderen Gewalten, vermöge der 
Staat agnatische Rechte auch ohne Zustimmung der Beteilig- 
ten zu schmälern. Diese Auffassung klingt aus den Worten 
des genannten Staatsministers, mit welchen er sich gegen die 
Frage wendete, ob der damals noch bevorstehende lippische 
Schiedsspruch auch die meiningschen Thronfolgeverhältnisse 
zu beeinflussen vermöchte. Der Minister erwiderte: „Jeden- 
falls ist die Gesetzgebung des Herzogtums Sachsen-Meiningen, 
eines souveränen Staates — abweichend von den Zeiten des 
heiligen römischen Reiches deutscher Nation — voll befugt, 
darüber feste Normen zu schaffen, daß die aus dieser Ehe 
(mit Gräfin Adelheid) entstammenden Prinzen erbfolgeberech- 
tigt im Herzogtum Sachsen-Meiningen sind. Solche Normen, 
die auf verfassungsmäßigem Wege ausgesprochen sind, an- 
zufechten, dafür gibt es kein Rechtsmittel in Deutschland“ 
(Verhandlungen S. 102). Aber $ 34. 
Also nicht, weil man agnatische Zustimmung zum rechts- 
gültigen Erlaß eines Hausgesetzes nicht für nötig erachtet 
hätte, sondern weil man der Meinung war, Staatsgesetz könne 
hausrechtliche Thronfolgeansprüche einseitig schmälern, wurde 
die Zustimmung der anderen Speziallinien nicht eingeholt. 
Somit widerspricht dieser Fall nicht unserer These. Daß 
die letzterwähnte Meinung positivrechtlich-nicht zutreffend ist, 
wiesen wir früher nach. Trügen Zeitungsnachrichten nicht, 
80 haben die Nachlinien gegen jene einseitige Regelung der 
Frage durch Staatsgesetz auch Protest erhoben'). Der 
äußeren Form nach hätte ja nicht auch ein Hausgesetz er- 
lassen zu werden brauchen. Wie Hausgesetze, die zugleich 
ı) A. M. Störk, Die agnatische Thronfolge u. e. w. 8. 10 und 97. 
Rehm, Modern:s Fürstenrecht. 8
	        
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