156 8 17. Ebenbürtigkeit.
wurzelt geblieben, daß es wieder auflebte. Also wäre es das
alte Recht. Aber man lebt doch in römischrechtlichen Vor-
stellungen. Ausgegangen mußte demgemäß werden von dem
Satze, daß wie im römischen Rechte so im mittelalterlich
deutschen zwischen Freien und Unfreien connubium ausge-
schlossen war. Erinnerte man sich der früheren Unfreiheit
der Ritter, warum mußten dann Freie (Bürger) für uneben-
bürtig erklärt werden, wie es doch die Hausgesetze tun!) ?
Man wendet ein: hier wirken eben lehensrechtliche Vorstel-
lungen mit; Bürger und Bauer sind nicht lehensfähig und
stehen daher unter dem Ritter (niederen Adel). Allein warum
brach sich dann nicht auch wieder Bahn der Satz, daß die
Lehnfolgefähigkeit an den Nachweis ritterbürtiger Ahnen ge-
bunden sei? Auch dieser Satz war unter dem Einfluß des
römischen Rechts im gemeinen Lehnrecht beseitigt worden?).
Und wie sollte bei dem noch auf sehr niedriger Stufe stehen-
den historischen Sinn damaliger Zeit ein Vorgang des 13. und
14. Jahrhunderts bewußt noch im 17. Jahrhundert so stark
nachgewirkt haben, daß er imstande war, bereits festgewur-
zeltes römisches Recht zu brechen? Gab es nicht näher
liegende, der Neuzeit angehörige Gründe für die Wiederauf-
nahme des Gleichburtsprinzips ?
B. 1. Was hat seit dem Ende des 15. Jahrhunderts be-
ginnend dem Grundsatze der Primogenitur und Unteilbarkeit
des Landes in das Hausrecht der Territorien Eingang ver-
schafft? Es ist der Gedanke der dauernden Erhaltung des
Glanzes und der Stellung des Hauses. Er gehört der Neuzeit
an. Ihm ist auch die Vorstellung erwachsen, daß diesem
Glanze abträglich sei, wenn die Hausmitglieder unter dem
Stande, dem sie zugehören, heiraten. Aus dem Gedanken der
Erhaltung des splendor familiae sind alle die besonderen
familien- und vermögensrechtlichen Einrichtungen des Hoch-
adels der Neuzeit entstanden, so auch diese. Um nur zwei
Belege beizubringen, so lautet der bekannte Meinheimer Erb-
vertrag zwischen Brandenburg und Hohenzollern vom 30. Januar
1) Ebenda 8. 12 Beispiele.
2) Löning 8.9.