8 17. Ebenbürtigkeit. 159
b) Ursprünglich besaßen lediglich die Fürsten im mittel-
alterlichen Sinne ein Recht der Reichsstandschaft, seit dem
14. Jahrhundert erhalten es auch die Grafen und Freien
Herren, aber das Recht hat noch keine besondere Bedeu-
tung, da es wiederholt auch vorkam, daß andere Stände ein-
geladen wurden, so die Ritterschaft und im 15. Jahrhundert
einmal sogar die reichsunmittelbaren Landgemeinden und die
Judenschaft!.. Anders wird es im Verlaufe des an die
Reichsgesetzgebung mit so wichtigen Fragen herantretenden
Reformationsjahrhunderts. Während des 16. Jahrhunderts
bildet sich eine feste Organisation des Reichstags, eine be-
stimmte Sonderung in drei Kollegien, eine feste Stimmord-
nung in den einzelnen Kollegien. Der Kreis der Teilnehmer
am Reichstag war damit genau umschrieben. Was die Fürsten,
Grafen und Freien Herren verbindet, ist jetzt die Zugehörig-
keit zu einem Reichstagkollegium. Nicht mehr ihre Hoch-
freiheit, sondern Reichsstandschaft ist es, was sie eint. Den
hohen Adel bildet jetzt die Gesamtheit der persönlichen, d. h.
nicht reichsstädtischen Reichsstände. Hoher Adel ist die Ge-
samtheit der reichsständischen Häuser?). Dieses Merkmal der
Reichsstandschaft ist es, was den hohen Adel vor anderen
Ständen auszeichnet, und so entwickelt sich seit der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts eine eherechtliche Abschließung
der also ausgezeichneten Geschlechter von anderen, allerdings
nicht sofort in der Weise, daß der allgemeine Grundsatz
ungesäumt entsteht: standesgleich sind lediglich Ehen mit
Angehörigen reichsständischer Häuser; vielmehr ist dieser
Grundsatz der reichsständischen Ebenburt zunächst nur in
differenzierten Formen, nicht einheitlich aufgetreten, wieder
eine Folge des Rechtes der Reichsstandschaft, ihrer näheren
Organisation und weiteren Entwicklung.
C. 1. a) Waren Fürsten, Grafen und Herren auch Mit-
glieder desselben Reichtagskollegiums, des Reichsfürstenrates,
1) Ebenda 8 46 8. 510.
2) Vgl. auch Laband, Die Thronfolge im Fürstentum Lippe 1891 8.6.
Dagegen Hauptmann 8. 557: „Das, was das Kriterium des hohen Adels
war, die Reichsstandschaft, rechtfertigte das Ebenbürtigkeitsprinzip in keiner
Weise“ |