Full text: Modernes Fürstenrecht

166 8 17. Ebenbürtigkeit, 
der Antrag wurde abgelehnt!,. Warum? Eben weil in be- 
zug auf die Frage der Unebenbürtigkeit von Personen des 
niederen Adels für alle Reichsstände kein einheitliches ge- 
meines Privatfürstenrecht bestand. Anderes ergab sich hier 
für reichsfürstliche, anderes für reichsgräfliche Häuser. Wären 
Personen niederen Adels nicht ebenbürtig gewesen, dann 
wäre kaum erklärlich, warum die Verleihung desselben und 
die Erhöhung des Grades in ıhm so angestrebt worden ist. 
Auch der Kaiser batte erhebliches Interesse, zu verhindern, daß 
Ehen mit Personen niederen Adels für Reichsstände schlecht- 
hin als Mißheirat erklärt wurden, denn damit hätte eines 
seiner wenigen exklusiven Reservatrechte, die er besaß, das 
Recht der Standeserhöhung, nicht unbedeutend an Wert ver- 
loren. Siehe über letzteren Punkt auch Bollmann S. 6 und 60. 
C. Nach alledem ergibt sich folgendes als gemeines 
Privatfürstenrecht : 
1.a) Bei allen ehemals reichsständischen Häuser ist im 
Zweifel Mißheirat die Ehe mit Personen nichtadeligen Stan- 
des?), also auch mit Personen höheren Bürgerstandes. b) Nur 
bei kur- und altfürstlichen reichsständischen Häusern, d. h. 
solchen, welche Reichsstandschaft und Stimmrecht als Fürst 
schon vor dem Jahre 1600 erwarben, ist im Zweifel außerdem 
Mißheirat die Ehe auch mit Angehörigen anderer nicht- 
reichsstündischer Familien, d. h. auch mit Personen 
niederen (reichsunmittelbaren oder reichsmittelbaren) Adels 
selbst dann, wenn dieser Adel den T7%tel und Rang von Reichs- 
fürsten, Reichsgrafen und Reichsfreiherren erworben hatte?). 
2. Wir können diese Sätze auch dahin formulieren: 
1) Vgl. Schiedsspruch 8, 13; Löning 8. 24. 
*) Lediglich mit dieser Frage beschäftigt sich Lönings vielfach zitierte 
Schrift. 
°) Es ist durchaus unzutreffend, wenn man behauptet, die bloß mit 
reichsständischen Titeln versehenen Adeligen seien in bezug auf Ebenbürtigkeit 
den Reichsstandschaft besitzenden Reichsfürsten, Reichsgrafen, Reichsfrei- 
herren grundsätzlich gleichgestanden. Dies meinen Schön, Der Lippische 
Schiedespruch u. e. w. S. 62 und Störk, Die agnatische Thronfolge u. s. w. 
8. 92. Die Wahlkapitulation von 1742 unterscheidet sehr scharf zwischen 
beiden Dingen. Siehe näheres unten 8 20 III C.
	        
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