8 17. Ebenbürtigkeit. 173
sogar mit Personen bürgerlicher Abkunft. Es besteht nur
eine Rechtsschranke der freien Ehewahl; das Erfordernis der
Zustimmung des Staatshauptes. Vgl. z. B. englische!) Royal
Marriage Act von 1772. Damit ist nicht gesagt, daß der
Gedanke der Ebenbürtigkeit daselbst nicht regelmäßig als
soziale oder politische Schranke der Ehewahl wirke?). Weil
nur sie selbst von den deutschen Fürstenhäusern, von Öster-
reich und Rußland für ebenbürtig gehalten werden, fordert
auch von ihnen Standesbewußtsein und politische Rücksicht,
lediglich Mitglieder hochadeliger Häuser ebenbürtig zu nehmen.
Es kommt dies deutlich darin zum Ausdruck, daß Angehörige
außerdeutscher Fürstenbäuser, die Ehen mit nach deutschem
Recht nichtebenbürtigen Persönlichkeiten eingehen, diese
Ehen der Regel nach als morganatische, d. h. als Ehen ab-
schließen, bei denen die Wirkungen der standesgleichen Ehe
vertragsmäßig, kraft Ebevertrages, ausgeschlossen sind.
Unter diesen Gesichtspunkt fällt die bekannte Ehe des
zweiten Sohnes des Königs von Schweden, Prinz Oskar, mit
der geistreichen Hofdame Ebba Munck, um derentwillen
jener Fürst sogar auf die eventuelle Thronfolge in seinem
Vaterlande verzichtete.
Von Rechts wegen, nach geltendem schwedischen Verfas-
sungsrechte, wäre diese Ehe vollkommen geeignet gewesen,
für die Abkömmlinge daraus Thronfolgefähigkeit zu begrün-
den und auch der Gemahlin selbst Standesgleichheit zu ver-
leihen. Bloß durch ihr Eingehen zur linken Hand, als
morganatische Ehe — somit nur, weil es die Eheschließen-
den so wollten — hat diese Verbindung den Charakter einer
standesgleichen Ehe nicht erworben. Nicht, weil es irgend
ein Rechtssatz von ihnen forderte, sondern weil es sozial und
politisch dem Standes- und Staatsbewußtsein der beteiligten
fürstlichen Familie nicht entsprach, also rechtlich freiwillig
wurde die genannte Ehe als standesungleiche eingegangen.
Dadurch unterscheidet sie sich von den morganatischen
1) Abgedruckt in Schulse, Hausgesetze Bd. I 8. 486.
2) Siehe meinen Aufsatz „Das Thronfolgerecht in Europa“ in der Woche
1901 Nr. 28 (vom 13. Juli) 8. 1225 ff.