174 $ 17. Ebenbürtigkeit
Ehen deutscher und österreichischer Prinzen und Prinzessinnen.
Auch wenn sie nicht als morganatische Ehe abgeschlossen
wäre, würde die Ehe des Erzherzogs Franz Ferdinand mit
Reichsgräfin Sophie Chotek rechtlich eine standesungleiche
sein. Hier hat der Abschluß zur linken Hand die kraft Ge-
setzes gegebene Standesungleichheit nur anerkannt, dort da-
gegen eine kraft des Gesetzes nicht vorhandene Standesun-
gleichheit erst geschaffen.
Der Umstand, daß lediglich das deutsch-österreichisch-
russische Recht für die regierenden Häuser rechtlich uneben-
bürtige Ehen, die übrigen europäischen Monarchien für ihre
Fürstenhäuser dagegen nur sozial unebenbürtige Ehen kennen,
hat aber noch eine weitere bedeutsame Folge. In den übrigen
europäischen Fürstenhäusern kann die soziale Schranke der
Unebenbürtigkeit, eben, weil sie lediglich sozialer Natur ıst,
jederzeit durchbrochen werden, und diese Durchbrechung hat
Wirkung sogar für dıe Monarchien mit rechtlichem Eben-
bürtigkeitsprinzip. In Deutschland, Österreich und Ungarn
dagegen bedarf die Erhebung von Unebenbürtigkeit zu Eben-
bürtigkeit besonderer Maßnahmen, gesetzgeberischer Akte.
Die Angehörigen der übrigen europäischen regierenden
Familien können Ehen mit anderen als hochadeligen Persön-
lichkeiten ohne weiteres auch als nichtmorganatische, d. h.
als standesgleiche abschließen. Es folgt hieraus — die Zu-
stimmung des regierenden Herrn vorausgesetzt — von selbst
die Thronfolgefähigkeit der eventuellen Nachkommen. Nur
das ist möglich, daß der regierende Fürst seine Heirats-
genehmigung allein unter die Bedingung erteilt, daß die Ehe
freiwillig als morganatische abgeschlossen wird. Dann ist
Thronfolgefähigkeit der Eheabkömmlinge nicht gegeben. Er-
folgt die Heiratserlaubnis aber unbedingt, dann ist die Ehe
vollgültig und verleiht den Kindern hieraus Thronfolgerecht.
Noch einfacher liegt die Sache, wenn es der regierende Fürst
selbst ıst, der heiratet. Er braucht keine Eheerlaubnis. Schließt
er seine Ehe nicht ausdrücklich zur linken Hand ab, so sind
Frau und Kinder aus der Ehe ebenbürtig.
König Alexander von Serbien, selbst regierender Herr,
hatte die soziale Schranke der Ebenbürtigkeit durchbrochen