8 17. Ebenbürtigkeit. 175
und Draga nicht bloß morganatisch geheiratet. Sie hat
Standesgleichheit mit ihm erworben, und Abkömmlinge aus
der Ehe würden thronfolgeberechtigt in Serbien und damit
als Mitglieder eines europäischen christlichen Fürstenhauses
anerkannter Souveränität auch rechtlich ebenbürtig im Sinne
des deutschen, österreichischen und russischen Thronfolgerechts
gewesen sein. Lediglich als sozial unebenbürtig hätten sie
deutsche Fürstenhäuser betrachten und dereinstige eheliche
Verbindungen mit ihnen durch Verweigerung des in allen
Fällen nötigen landesherrlichen Heiratskonsenses hintanhalten
können.
Ganz anders die Rechtslage in Deutschland, Österreich
und Rußland. Hier vermögen Kinder aus unebenbürtigen
Ehen Thronfolgeberechtigung allein durch Änderung der
Thronfolgeordnung, also lediglich durch besondere Maßnahmen
zu erlangen. Beruht die Thronfolgeordnung nur auf Haus-
gesetz, wie in Rußland, so ist demgemäß ein besonderes
Hausgesetz notwendig; beruht sie, wie in Deutschland, auf
Haus- und Staatsrecht, so ist ein besonderes Haus- und Staats-
gesetz erforderlich.
VII A. 1. Werlediglich vom rechtsgeschichtlichen Stand-
punkte aus die Ebenbürtigkeitsfrage behandelt, wird zweifels-
ohne zu dem Ergebnis gelangen, heute bestehe kaum mehr
ein sachlicher Anlaß, das Ebenbürtigkeitsprinzip als Rechts-
prinzip aufrecht zu erhalten. Entstanden ist dasselbe in einer
Zeit, wo die Agnaten noch nicht unter der Staatsgewalt des
Familienhauptes standen. Dem Familienhaupt als solchem
damals ein Recht des Heıiratskonsenses einzuräumen, wider-
sprach der Unabhängigkeit der Agnaten von ihm in staats-
rechtlicher Beziehung. Vor kam es ja, aber es war unnatür-
lich. Die Landeshoheit umfaßte viele Rechte. Dieser um-
fassenden Gewalt unterstanden die Agnaten nicht. Und einer
Gewalt des Landesherrn als Familienhaupt sollten sie unter-
worfen sein? Unterliegen sie nicht der Gewalt des Landesherrn
in seiner höheren Stellung, so widerspricht es diesem Ver-
hältnis, würden sie ıhm ın seinem weniger bedeutsamen Be-
reiche des Familienchefs unterstehen. Daher war das Eben-
bürtigkeitsprinzip in jener Periode ein Ausweg.