Full text: Modernes Fürstenrecht

192 8 20. Heilung von Erwerbsmängeln. 
Hause und Lande wesentlicher Vorteil errungen werden 
wird. 
2. Möglich ist auch, daß das Hausgesetz vorschreibt, es 
genüge statt der Einwilligung sämtlicher Agnaten zur haus- 
rechtlichen Beseitigung der Mängel die Zustimmung des 
Familienhauptes (so ein bei Laband, Thronfolge im Fürsten- 
tum Lippe [1891] S. 63 abgedrucktes letztinstanzielles Urteil 
des Oberappellationsgerichts zu Celle vom 7. Juni 1867); ja 
es kann in demselben sogar vorgeschrieben sein, daß bei 
Aussterben des ebenbürtigen Mannesstammes (der Agnaten) 
die vorhandenen, aus einer nicht ebenbürtigen Ehe stammenden 
Nachkommen Mitglieder des Hauses und demgemäß sukzessions- 
fähig werden, also von nun an ebenbürtigen Mitgliedern 
gleich geachtet werden sollen. Die Bestimmung kann ent- 
weder allgemein oder nur in bezug auf die aus einer bestümmten 
unebenbürtigen Ehe stammenden Nachkommen getroffen 
werden. Heute bedarf es selbstverständlich zur Wirksamkeit 
solcher Hausgesetze auch gegenüber dem Staate einer Zu- 
stimmung der Stände, wenn sie erst neu geschaffen werden. 
Solange reiner Patrimonialstaat vorhanden war, reichte hierzu 
hausgesetzliche Bestimmung hin. Eines der frühesten Beispiele 
hierfür ist die Urkunde des Kurfürsten Friedrich I. von der 
Pfalz vom 24. Januar 1472 über die eventuelle Nachfolge 
der beiden Söhne, die ihm aus der Verbindung mit der Augs- 
burger Bürgerstochter Klara Dettin geboren waren. In ähn- 
licher Weise hat Kaiser Ferdinand I. in einem Hausgesetze 
vom 13. September 1561 verfügt, daß für den Fall des Aus- 
sterbens der Agnaten des Hauses Österreich die Nachkommen 
seines Sohnes, des Erzherzogs Ferdinand, aus dessen Ehe mit 
der Augsburger Bürgerstochter Philippine Weser sukzessions- 
berechtigt sein sollten. Andere Beispiele siehe bei Löning 
S. 37—45. Im 17. und 18. Jahrhundert fand sogar, wenn 
auch nur vereinzelt, die Meinung Vertretung, daß Kinder aus 
Mißheiraten für den Fall des Abganges des gesamten suk- 
zessionsberechtigten Hauses ipso jure, also auch, wenn es ein 
Hausgesetz nicht ausdrücklich bestimme, eventuelles Nach- 
folgerecht besäßen. Die Meinung war selbstverständlich irrig, 
denn zum Erwerb der Ebenbürtigkeit bedarf es einer haus-
	        
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