8 2. Das Recht am Throne, nicht vom Staate verliehen. 9
auch nicht nehmen. Der Fürst ist staatsrechtlich unab-
setzbar. Vgl. hierzu unten $ 30.
2. Nicht kann soweit gegangen werden, zu sagen: die
Worte „von Gottes Gnaden“ bedeuten: er hat sein Recht
auch nicht vom Staat, woraus dann folgen würde: er ist kein
Staatsorgan. Nicht dem Gegensatz von Staats- und Fürsten-
souveränität leiht nach der Sprache unserer politischen Ge-
schichte der Beisatz „von Gottes Gnaden“ Ausdruck, sondern
worauf er Bezug hat, das ist der Gegensatz von Volks- und
Herrschersouveränität. Darüber, daß die Souveränität beim
Staate wohnt, daß der Staat Subjekt der Staatsgewalt ist,
war bei den streitenden Parteien im allgemeinen kein Zweifel;
ob innerhalb der Staatspersönlichkeit oberstes Staatsorgan
das Volk oder der Fürst sei, ob der Fürst der unmittelbare
Träger der Staatssouveränität sei oder sie nur vom Volk
übertragen erhalte, das war die die Gemüter erregende Frage.
Noch weniger läßt sich der Ausdruck „von Gottes Gnaden“
rechtlich!) aber positiv verwenden.
Denn dann würde er bedeuten: jeder neue Fürst, jeder
Regierungsnachfolger habe sein Recht von Gott. Dazu paßt
aber nicht der Satz aller Verfassungsurkunden: die Krone ist
erblich; denn er besagt: der Fürst hat seine Stellung kraft
Erbrechts und zwar kraft gesetzlichen Erbrechts, kraft Zu-
gehörigkeit zu einem bestimmten Geschlechte.e Wie nach
alter Auffassung als Rechtstitel der Nachfolge der Wille und
die Vorsorge des ersten Erwerbers erscheint, so jetzt die Ab-
stammung aus einer bestimmten Familie, die Blutsverwandt-
schaft mit dem ersten Erwerber. Kraft Geblütsrechtes folgt
der Nachfolger. Durch die Tatsache der Abstammung vom
ersten Erwerber, mit der Geburt aus diesem Geschlecht er-
wirbt er nach der Verfassung, also rechtlich, die Anwartschaft
auf die Herrschaft; somit infolge einer irdischen Tatsache;
demgemäß kann göttliche Verleihung nicht der KRechtstitel
!) Darin liegt der Fehler von Kekule von Stradonits im Archiv f.
öffentl. Recht Bd. XIV (1899) 8. 3 und Arndt, Können Rechte der Ag-
naten auf die Thronfolge nur durch Staatsgesetz geändert werden? 1900 8.38.
Dagegen Jellinek, Recht des modernen Staates 8. 169 und 614; Schücking
8. 19£.