198 8 20. Heilung von Erwerbsmängeln.
abgeschlossenen Zihepakten des Fürsten Friedrich Günther von
Schwarzburg-Rudolstadt mit der Gräfin Helene von Raina
vom 24. November 1855 ein schwarzburg-rudolstädtisches
Hausgesetz dar, soweit in ihnen festgesetzt wird, daß der
Deszendenz aus dieser Ehe erst nach dem gänzlichen Aus-
sterben des Hauses Rudolstadt ein Nachfolgerecht in die
Regierung dieses Fürstentums und das Stamm- und Fidei-
kommißvermögen dieser Linie zustehen und der Titel und
Rang von Prinzen und Prinzessinnen oder Grafen und
Gräfinnen von Schwarzburg dieser Deszendenz nicht beigelegt
werden soll. Wenn nur noch ein Agnat vorhanden, vermag
das Gesetz in Form der letztwilligen Verfügung zu ergehen.
Eine nicht seltene Erscheinungsform der Hausgesetze ist auch
der Erbverbrüderungsvertrag.
3. a) Dieses Vorhandensein von Doppelakten bei Rück-
wirkung auf vorhandene agnatische Rechte, trotzdem der
äußeren Form nach nur ein Rechtsakt vorzuliegen scheint,
wurde und wird in der wissenschaftlichen Betrachtung nicht
immer klar erkannt oder formuliert. Man läßt sich durch das
äußere Vorliegen meist nur eines Rechtsaktes verleiten, in
dem Vorgang nur einen einfachen Rechtsakt zu sehen. Früher
war es üblich, den Gesamtvorgang lediglich als Verzicht der
Agnaten auf das Recht, vor den aus unebenbürtiger Ehe
stammenden Abkömmlingen zur Sukzession zu gelangen, als
rechtsgeschäftliche Aufgabe der näheren Anwartschaft zu
konstruieren. Auch die kaiserliche Wahlkapitulation von 1742
Art. 22 84 steht auf diesem Standpunkte, wenn es dort heißt,
der Kaiser könne „mit besonderer Einwilligung der wahren
Erbfolger die aus unstreitig notorischer Mißheirat erzeugten
Kinder für ebenbürtig und sukzessionsfähig erklären“. Daß in
dem Vorgang auch ein Akt der Hausgesetzgebung liege, war
nicht erkannt oder wenigstens nicht gesagt. Heute steht die
Sache umgekehrt. Man hat klargelegt, daß hier ein Rechts-
satz der Autonomie geschaffen werde, durch welchen allge-
mein oder für den einzelnen Fall die Rechtsregel über die
Ebenbürtigkeit außer Wirksamkeit gesetzt wird, — so z. B.
Gierke, Deutsches Privatrecht Bd. I S. 404: „Jede uneben-
bürtige Ehe kann unter Zustimmung aller Agnaten für. voll-