Vorwort.
Ihre äußere Anregung empfing nachstehende Einzelschrift
durch die Tatsache, daß die heutige Staatsrechtslehre in der
ßen Mehrheit ihrer Vertreter der Anschauung huldigt, das
Stantswesen könne Thronanwartschaftsrechte jeder Art durch
seine Gesetzgebung einseitig aufheben oder schmälern, ohne
dadurch eine Rechtsverletzung zu begehen. Diese Zuständig-
keit des Staates wird für so unbedingt feststehend erachtet,
daß man es regelmäßig sogar als unnötig ansieht, in eine
Erörterung darüber einzutreten, ob den also Geschädigten
denn nicht wenigstens ein vermögensrechtlicher Ersatzanspruch
gegen den Staat zustehe.
Meinem geschichtlichen Empfinden widersprach diese An-
schauung von jeher. In Deutschland geschah der Übergang
vom absoluten zum Verfassungsstaate nicht schroff mit einem
Ruck, sondern vermittelnd allmählich. Nicht vom Staate,
sondern von seinem Hause hatte der Fürst, welcher zum kon-
stitutionellen Staatsprinzipe fortschritt, wie seine Vorgänger
durch Jahrhunderte, die Gewalt überkommen, welche er neu
formte. Nicht der moderne Staat hat das Königtum, sondern
das Königtum den modernen Staat geschaffen. Sollte der
Fürst der Gegenwart diese Macht seines Hauses völlig und
ganz dem Staatswillen unterstellt, dem Staats- und Verfassungs-
gedanken untergeordnet haben? Stehen in unserem heutigen
olitischen Bewußtsein lediglich Fürst und Volk, nicht auch
ynastie und Volk als gegebene politische Größen ein-
ander gegenüber? Sollte hieraus nicht folgen, daß auch noch
in diesen Tagen die Dynastie eine von Fürst und Volk un-
abhängige, d. h. durch letztere beide nicht einseitig entzieh-
bare Rechtsstellung im Staatsganzen einnimmt?
Von diesem Gesichtspunkte aus trat ich an die aufge-
worfene Frage heran. Nicht daß ich die herrschende Lehre
mit historisch-politischen Gründen bekämpfen wollte. Mit
juristischen und lediglich mit solchen soll es geschehen. Aber
mich dünkt: darin liegt das Grundversehen der üblichen