$ 30. Entziehung der Mitgliedschaft. 303
gebeugt. Um nicht veranlaßt zu sein, gegen den Herzog Ernst
August wegen Nichterfüllung verfassungsmäßiger Bundes-
pflichten mit Entziehung der Ausübung der Landesherrschaft,
bezw. wegen Gefährdung des in Deutschland geltenden Ver-
fassungsrechtes und der Sicherheit des Bundesgebietes mit
Entziehung der Herrschaft vorgehen zu müssen, hat der
Bundesrat durch Beschluß vom 2. Juli 1885 bereits den
Regierungsantritt dieses Monarchen als für den inneren Frieden
und die Sicherheit des Reiches gefährlich erklärt und damit
ein provisorisches Interregnum mit Regentschaft kraft Landes-
recht für das Herzogtum Braunschweiy nachträglich gebilligt.
2. Über Verlust der Thronfolgefähigkeit aus sirafrecht-
lichen Gründen siehe $ 52.
C. Auf völkerrechtlichem Wege: eine oder mehrere Groß-
mächte setzen im Wege internationaler Selbsthilfe (Geltend-
machung des Interventionsrechtes) das regierende Mitglied einer
Herrscherfamilie ab, weil durch seine Regierung wesentliche
Interessen derselben ernstlich gefährdet werden.
III. Wohl zu unterscheiden von der Entziehung der Mit-
gliedschaft ist die Entziehung von Titel und Rang eines Haus-
mitgliedes. Eine solche ist hausrechtlich unbedingt zulässig
und zwar gegen drei verschiedene Personengruppen: 1. gegen
Mitglieder im weiteren und zugleich engeren Sinne, 2. gegen
Mitglieder, die aus der besonderen Hausgewalt des Familien-
chefs ausgeschieden sind, 3. gegen frühere Mitglieder; nicht
aber gegen alle diese Gruppen in gleicher Weise.
A. Gegen Mitglieder engeren Sinnes steht die Befugnis
unbezweifelbar dem Familienhaupt als solchem ohne Mit-
wirkung der Agnaten zu. Wohl erkennt das sächsische Haus-
gesetz vom 30. Dezember 1837 dem Könige als Familien-
haupt eine besondere Familiengewalt nur mit der Ein-
schränkung zu, daß er alle zur Erhaltung der Ehre, Ordnung
und Wohlfahrt des Hauses dienliche Maßregeln zu ergreifen
berechtigt sei, „soweit das Hausgesetz und die Verfassung
nicht entgegenstehen.“ Nach Hausgesetz $$ 2 und 3 haben
die Mitglieder des Hauses bestimmtes Prädikat und be-
stimmten Rang. Aber trotzdem wäre es irrig zu glauben,
daß der Familienchef nicht diesen Titel und Rang zu ent-