8 39. Die Gliederung des landesherrlichen Hauses. 353
A. 1. a) Linie oder Parentel ist die Gesamtheit der Ab-
kömmlinge desselben Stammvaters; eine Linie wird durch
ein Stammelternpaar und dessen (eheliche u. s. w.) Nach-
kommen gebildet. Soviel Väter (Stammelternpaare) sich in
dem Hause finden, so viele Linien hat es. Jedes Haus vermag
also aus einer Vielzahl von Linien zu bestehen. Diese sind
voneinander genealogisch abhängig. Aus der Linie des
Erzeugers entsteht die Linie des Erzeugten, aus der Linie
des Vaters die Linien der Söhne. Je höher wir in der Reihe
der Väter hinaufgehen, um so mehr steigt die Zahl der
Linien, die auf einen Stammvater zurückgehen, und so läßt
sich von Haupt- und Unterlinien sprechen.
b) Aber nicht bloß genealogisch, sondern auch rechtlich
ıst die Gliederung des Hauses in Linien wichtig. Das hoch-
adelige Haus, das regierende, wie das ehemals regierende
(standesherrliche), ist die Gesamtheit der Blutsfreunde, welche
von dem ersten Erwerber der Landeshoheit (Staatsgewalt)
eines bestimmten Landes (Staates) abstammen. Landeshoheit
bildet also die Grundlage des sie alle einigenden Bandes.
Die Landeshoheit ist aber erblich unter den Abkömmlingen
ihres ersten Erwerbers und so kommt es, daß nach den
Gründsätzen der Thronfolgeordnung sich auch die ganze
Gemeinschaft gliedert. Die Thronfolgeordnung folgt der
deutschrechtlichen Ordnung des gesetzlichen Erbrechts. Diese
beruht auf der Blutsfreundschaft. „Blut fließt abwärts, es
klimmt nicht“ (siehe Gierke, Grundzüge S. 548). So demge-
mäß auch das Erbe. Die Erbfolge ist Nachkommenfolge;
wer dem letzten Inhaber der Landeshoheit dem Blut nach
am nächsten steht, folgt ihm. Bluts-, nicht Gradesnähe ent-
scheidet. Es gilt nicht Gradual-, sondern „Linealfolge“,
Erbfolge nach Linien, nach Parentelen. Dasselbe ist geltendes
Thronfolgerecht: „Die Krone ist erblich (im königlichen
Hause) nach dem Rechte der agnatischen „Linealfolge“
{preuß. Verf. Art. 53).
2. a) Aber bedeutsam ıst heute fürstenrechtlich nicht die
Einteilung der Linien in Haupt- und Unterlinien, sondern
die Einteilung ın Haupt- und Nebenlinien. Daß die Linie
des Erzeugten, die Unterlinie, thronfolgeberechtigt ist, wenn
Rehm, Modernes Fürstenrecht. 23