395 8 46. Die Sukzessionsordnung.
2. Selbstverständlich kann die einzelne Verfassung anders
ordnen.
a) a) Die sächsische Verfassung $ 7 bestimmt: „Hiebei
(d. h. bei Übergang auf den Weibesstamm) entscheidet die
Nähe der Verwandtschaft mit dem letzten regierenden Könige,
bei gleicher Nähe das Alter der Linie, und in selbiger das
Alter der Person.“ Beı solcher Formulierung steht außer
Zweifel, daß in erster Reihe nur die Gradesnähe in Betracht
kommt, denn sonst könnte es nicht heißen: „bei gleicher
Nähe das Alter der Linie.“ Im Königreich Sachsen gilt für
den Übergang somit reine Gradualfolge, Gradualsystem.
ß) In Bayern (Tit. II $ 5) und Braunschweig ($ 14) gilt
reine Linealfolge (kognatische Linealfolge) mit Erstgeburts-
recht; d. h. beim Ableben des Mannesstammes werden alle
vorhandenen Kognaten als Agnaten fingiert und auf sie
Primogenitur- und Linealfolge angewendet (siehe Binding
S. 15, Anschütz S. 573).
b) In Württemberg ($ 7), Hessen ($ 7), Waldeck ($& 15),
Schaumburg-Lippe (Art. 3) gilt das oben skizzierte gemeine
Recht; ebenso in Schwarzburg-Rudolstadt (Gesetz vom 1. Juni
1896 Art. 2) und in Schwarzburg-Sondershausen. Die Be-
stimmung des Sondershauser Gesetzes führten wir oben S. 380
wörtlich an.
B. 1. Beim Übergang auf den Weibesstamm überwindet
das männliche Geschlecht nicht die Nähe von Linie und Grad.
Der entferntere Kognate schließt nicht die nähere Kognatin
aus, aber bei gleicher Linie und gleicher Nähe des Grades
geht gemeinrechtlich, d. bh. nach Lehenrecht das männliche
Geschlecht vor (siehe @ierke, Grundzüge des deutschen Privat-
rechtes 8 127).
2. Die neueren Verfassungen räumen beim Übergange
unter gleich Nahen dem männlichen Geschlechte keinen
Vorzug ein. Die ältere Tochter geht dem jüngeren Sohne vor.
Ohne Unterschied des Geschlechtes geht die Krone auf den
Weiıbesstamm über. Eine Ausnahme macht die badische
Deklaration vom 4. Oktober 1817 (siehe oben $. 380). Sie
läßt nicht die Prinzessin, sondern nur ihre männlichen Ab-
kömmlinge antreten.