414 8 50. Der Thronfolgeverzicht auch für Nachkommen.
Rechtsordnungen ergibt sich in diesem Falle sogar vom
Standpunkt der herrschenden Thronfolgelehre aus.
1. Der Standpunkt der modernen Staatsrechtslehre leitet
die Unmöglichkeit eines Thronfolgeverzichts mit Wirkung
auch zum Nachteil der Abkömmlınge des Verzichtenden aus
der Annahme ab, daß heute jeder Sukzessionsberechtigte
seinen Thronfolgeanspruch allein aus der Verfassung besitze.
Der Verzicht eines Vormannes vermöge daher höchstens die
Reihenfolge der Berufung zur Krone zu beeinflussen, keines-
wegs aber den Nachmännern das diesen verfassungsmäßig
zustehende Recht zu benehmen. Was dem Abkömmling die
Verfassung gewährt, kann kein Vorfahre ihm nehmen. Der
Verzicht beschränkt sich auf die Person des Verzichtenden.
Selbst die nach dem Verzicht geborene Deszendenz wird
sukzessionsfähig. Vgl. Gg. Meyer 8 91 S. 246 Anm. 4; Seydel
Bd. 18 60 S. 201.
2. Und dazu kommt dann die Möglichkeit des Hin-
weises auf das Lehensrecht. Ihm zufolge trete jeder Lehens-
folger als Sukzessor des Erstbelehnten in die diesem ver-
liehene Stellung ein. Er sukzediere also kraft eigenen
Rechtes, ex pacto et providentia majorum, und werde daher
auch durch Versprechen seines Vorgängers, denen er nicht
beitrat, nicht gebunden. Vgl. H. O. Lehmann, Deutsche
Rechtsgeschichte und Grundzüge des deutschen Privatrechts
in der Enzyklopädie der Rechtswissenschaft, herausgeg. von
Birkmeyer 1901 S. 321.
U. Schon oben S. 33 und 34 deuteten wir an, daß den
vorstehenden Auffassungen nicht unbedingt beigetreten zu
werden vermag. Das wirklich geltende Recht unterscheidet.
A. 1. a) Allein die Willenserklärung der verzichtenden
Person genügt, um damit auch auszuschließen die Entstehung
von Thronfolgerechten ihrer zur Zeit des Verzichtes noch
nicht erzeugten, bexw. empfangenen Abkömmlinge.. Für diese
noch ungeborenen Nachkommen kann jeder Thronanwärter
ohne Zustimmung irgend eines Dritten auch heute noch ver-
zichten. Würde dies nicht Rechtens sein, so wäre unerfind-
lich, wie der Gesetzgeber, welcher sonst auf eine möglichste
Sicherung ruhiger Thronfolgeordnung aufs peinlichste bedacht