Full text: Modernes Fürstenrecht

8 54. Vormundschaft, Pflegschaft und Regentschaft. 437 
hätte die Möglichkeit der Vormundsernennung keine praktische 
Bedeutung. Der Regierungsvorgänger ist also in der Wahl 
nicht beschränkt. Die Verordnung des Fürsten Woldemar zu 
Lippe vom 15. Oktober 1890, wodurch derselbe für die Re- 
gierungsausübung nach seinem Tode Sorge trug, war rechts- 
gültig, wenn Prinz Adolf zu Schaumburg-Lippe als „Vormund®, 
nicht als „Regent“ bestellt war. Der Regent ist kraft Ge- 
setzes berufen und zwar der unzweifelhaft nächste Agnat. 
Nur wenn besonderes Hausrecht es zuläßt, kann der Vorfahre 
die Person des Regenten bestimmen. Anders der Vormund, 
ihn kann der Vorgänger frei auswählen. Unterläßt er dies, 
so hat sich nach Vorbild der Vormundschaft für den deutschen 
König entwickelt: zunächst ist die Mutter, dann der nächste 
älteste regierungsfähige Schwertmagen berufen. Dazu Schröder 
S. 484; Cosack S. 9; Zöpfl, I S. 662. 
3. Diese Regierungsausübung durch den zivilrechtlichen 
Vormund gilt mangels anderer Hausobservanz in Baden, 
Hessen, Weimar, Anhalt, Rudolstadt, Lippe und bei Regie- 
rungsausübung für verhinderte großjährige Fürsten in Altenburg. 
IV. A. Für den Fall des @etrenntseins von vormundschaft- 
licher und regentschaftlicher Gewalt bedarf es einer Bestimmung 
über Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen beiden. Die 
Grenze ist einfach zu ziehen: alles, was Akzessorium der 
Staatshauptstellung als solcher ist, gebührt nach Recht und 
Pflicht dem Regierungsweser, also 1. die Ausübung der landes- 
fürstlichen Hausgewalt, 2. die Verwaltung und Verwendung 
des Haus-Domanialvermögens für den Landesherrn, dessen 
Familie, Hof, Haus, Staat, sofern das Domanialvermögen dem 
Hause nur solange eigentümlich zusteht, als es regierende 
Familie in diesem Staate ist, 3. die Verwaltung und Ver- 
wendung des sonstigen Hausvermögens für gleiche Zwecke, 
4. der Bezug und die Verwendung der Zivilliste für Hof- und 
Staatszwecke. Ersparnisse, welche aus den Erträgnissen des 
dem Landesherrn zur Nutznießung zustehenden Domanial- und 
sonstigen Hausvermögens oder aus der Zivilliste gemacht 
werden, gehen im Zweifel in das Privatvermögen des Fürsten 
über, welches unter der Verwaltung des Vormundes steht. 
Letzterer verwaltet das Hofkammergut (Hausdomanialfidei-
	        
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