Full text: Modernes Fürstenrecht

438 8 54. Vormundschaft, Pflegschaft und Regentschaft. 
kommiß) dann, wenn das Eigentum daran der regierenden 
Familie als volles, d. h. auch nach Verlust der Herrschaft 
verbleibendes Privateigentum zukommt. 
B. Besonderes Haus- oder Staatsrecht kann die Grenzen 
natürlich anders ziehen. 
V. Die veränderte Rechtsstellung des Staatshauptes im 
modernen Staate, sein Einrücken aus einer Herrenstellung 
über dem Staate in eine Staatsorganschaft, hat mit sich ge- 
bracht, daß Vorschriften über die Regentschaft, also auch ins- 
besondere darüber, wann eine Regentschaft einzutreten habe 
und wer Regent werde, der Zustimmung des Hauses oder der 
hiervon berührten Agnaten oder sonstigen Thronanwärter 
nicht bedürfen. Unabhängig vom Staatsrecht beruht auch auf 
altem Hausrecht nur das Recht zum Besitz und der Besitz 
der Herrschaft, nicht aber das Recht der Ausübung der Herr- 
schaft, indem das Hausrecht in die Umbildung der Herrscher- 
stellung in eine Organstellung observanzmäßig eingewnlligt hat. 
Über das Tätigwerden und Tätigsein des Organs bestimmt der 
Organismus, dem das Organ eingefügt ist, somit der Staat 
allein. Daß die braunschweigischen besonderen Regentschafts- 
gesetze von 1879 und 1902 an sich einer Zustimmung der 
Agnaten des Hauses bedurft hätten, weil sie dem Berechtigten 
den Besitz der Herrschaft zeitweilig vorenthalten, erwähnten 
wir bereits $ 51 II B, aber auch zugleich, daß die genannten 
Gesetze trotzdem der Gültigkeit nicht ermangeln, weil sie zur 
Durchführung und insofern in Ermächtigung des Reichsrechtes 
ergingen. 
VI. Gemäß unserer Erörterungen in & 53 verliert ein 
Reichsverweser aus dem Kreise der Thronanwärter kraft 
Gesetzes seine Regentenstellung, sobald der Thronanwärter, 
welcher gesetzlich vor ihm berufen, aber bei Anfall der 
Regentschaft noch nicht zu deren Übernahme geeignet war, 
in der Lage ist, die Reichsverwesung zu führen. A. M. 
Seydel 1 & 67 S. 235. 
VII In Sachsen (Verf. $ 12) und Oldenburg (Verf. Art. 25) 
besteht die Besonderheit, daß Verfassungsänderungen während 
der Regentschaft der Zustimmung der Agnaten (als einer 
Art Regentschaftsrat) bedürfen.
	        
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