& 56. Die Stellung der Familienmitglieder im Völkerrecht. 449
€C. Die Stellung der Familienmitglieder im Völkerrecht.
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IL A. Die Mitglieder des regierenden Hauses haben be-
sondere Rechte und Pflichten nur gegenüber dem Hause, dem
sie angehören, und gegenüber dem Staate, dessen Herrscher-
hause sie zugehören; gegenüber anderen Häusern und Staaten
lediglich, wenn diese ihnen solche besondere Rechtsstellung
zuweisen. So führten wir im vorigen Paragraphen eine Be-
stimmung des preußischen Rechtes an — $ 2 des preuß.
Ausführungsgesetzes zur R.Z.Pr.O. —, wonach nicht bloß die
Mitglieder der preußischen, sondern aller deutschen landes-
herrlichen Familien in Preußen ein Vorrecht genießen, also
z. B. auch die bayerischen und sächsischen Prinzen und
Prinzessinnen. Dazu kommen dann die Privilegien des Reichs-
rechtes: dasselbe räumt z. B. die sogenannten Prozeßprivilegien
(Vernehmung in der Wohnung, Eidesleistung durch Unter-
zeichnung der Eidesformel) den Mitgliedern des preußischen
Königshauses nicht bloß vor preußischen, sondern vor allen
deutschen Gerichten ein.
B. Nach $ 5 des E.G. zur Zivilprozeßordnung darf durch
Haus- oder Landesgesetz dritten Personen für vermögens-
rechtliche Ansprüche gegen alle Mitglieder landesherrlicher
Häuser aus Privatrechtsverhältnissen der Gerichtsweg nicht
verschlossen werden. Aber Haus- oder Landesrecht kann für
solche Klagen ein besonderes Gericht und ein besonderes
Verfahren bestimmen. Dies Gericht und dies Verfahren ist
auch für Kläger aus anderen Staatswesen und das Verfahren
auch für Gerichte anderer Gliedstaaten und das Reichs-
gericht bindend.
II. A. Soweit das Recht des anderen Staates und Hauses
eine besondere Rechtsstellung nicht einräumt, gilt auch für
das Hausmitglied in seiner Beziehung zu einem Staate, dem
es nicht angehört, gewöhnliches Fremdenrecht, Es hat in
infolgedessen insbesondere 1. gegenüber dem fremden Hofe
kein besonderes Zeremonialrecht — es ist nur tatsächliche Sitte,
internationaler Brauch, Völkergalanterie, gewisse Ehrenbe-
zeugungen zu erweisen —, 2. gegenüber dem fremden Staate
Rehm, Modernes Fürstenrecht. >29