456 8 57. Der Begriff der vormals regierenden Familie.
mals regierendes Haus gilt. Die Rumpenheimer und die
Philippsteler Linien bilden jetzt das vormals regierende kur-
hessische Fürstenhaus, obschon sie nie selbst regiert haben.
Die Rumpenheimer Linie wurde aus einer nichtregierenden
Nebenlinie eines regierenden Fürstenhauses zuerst Neben-
linie, dann Hauptlinie eines nicht mehr regierenden Fürsten-
hauses,.
B. Der Fall, daß eine Linie eines regierenden Hanses,
welcher selbst versagt blieb, Hauptlinie, also regierende Linie
dieses Hauses zu werden, bei Depossedierung des Hauses die
alleın noch vorhandene Linie dieses Hauses bildet, ist in der
Geschichte des schleswig-holsteinschen Herrscherhauses ver-
wirklicht.
Bekanntlich zerfiel das Altoldenburger, d.h. das ın
Holstein regierende, also das herzoglich-holsteinische Haus
in zwei große Zweige: königliche und gottorper Linie. Die
ältere Linie hieß königliche, weil der ältere Zweig derselben,
der Glückstadter, auch die Herrschaft in Dänemark erwarb.
Obwohl dem jüngeren Zweige der älteren Linie, dem Zweige
Sonderburg, jedes Erbrecht auf Dänemark fehlte, wurde er
doch als jüngere königliche Linie des herzoglichen Hauses
Holstein bezeichnet, so wie man etwa heute im koburg-
gothaischen Hause auch von königlichen Linien desselben
sprechen kann. Mit dem Abgange des Königs Friedrich YII.
von Dänemark verlor das Herzogtum Holstein auch seinen
letzten Herzog aus der älteren königlichen, aus der Glück-
stadter Linie. Diese starb mit ihm im Mannesstamme aus.
Gleichzeitig hörte das Haus Holstein infolge bekannter Ereig-
nisse auf, in Holstein zu regieren. Der jüngeren königlichen
Linie, dem Zweige Sonderburg, war also versagt, regierende
Linie zu werden. Trotzdem wurde sie ehemals regierendes
Haus, weil sie Nebenlinie eines regierenden Hauses war.
Wenn die regierende Linie des Hauses wegfällt und mit ıhr
das Regierungsrecht der ganzen Familie sich endigt, wird die
erste Nebenlinie des bisherigen Herrscherhauses Hauptlinie
eines vormals regiert habenden Hauses, obwohl sie selbst
niemals regiert hat. Der Zweig Sonderburg wurde selbst
dann vormals regierendes herzoglich holsteinsches Haus,