8 4. Die reichsrechtliche Anerkennung der Unentziehbarkeit. 69
bleiben nach Maßgabe der Landesgesetze die Vorschriften der
Hausverfassungen unberührt“, bedeute, daß diese Vorschriften
nur unberührt bleiben, wenn sie landesgesetzlich ausdrücklich
bestätigt, also 'aufrechterhalten werden. Hätten die Verfasser
dies sagen wollen, so hätten sıe wohl nicht die Fassung:
„bleiben unberührt“ gewählt, sondern dafür gesagt: Die Vor-
schriften der Hausverfassungen können durch die Landesgesetz-
gebung aufrechterhalten werden.
Damit sind wir aber auch bereits bei der zutreffenden
Auslegung angelangt. Die Worte: „bleiben nach Maßgabe der
Landesgesetze die Hausverfassungen unberührt“ bedeuten:
die Hausverfassungen bleiben von selbst aufrecht, insofern
und insoweit sie durch die Landesgesetzgebung nicht auf-
gehoben oder abgeändert werden. Sie bleiben unverändert
aufrechterhalten, soweit dies nicht der Fall ıst. Das Landes-
recht kann sie beseitigen.
Fragen wir nun aber nach dem Grunde, um dessentwillen
der Gesetzgeber bei den einen Hausverfassungen einen Vor-
behalt zugunsten der Landesgesetzgebung macht, bei den
anderen dagegen nicht, so erklärt sich dies aus dem Rechts-
titel, auf welchen die Befugnis der standesherrlichen Familien,
Hausgesetze zu erlassen, zurückführt. Bei den Hausverfassungen
dieser Familien wurde jener Vorbehalt gemacht, weil das
Autonomierecht dieser Familien nach dem dermalen geltenden
Landesrecht auf landesgesetzlicher Verleihung beruht. Sie
beruht auf den landesgesetzlichen Erlassen, welche in den
einzelnen deutschen Staaten zur Ausführung des Satzes von Bun-
desakte Art. 14 ergingen, daß „ihnen d. h. den mediatisierten
Fürstlichen und gräflichen Häusern die Befugnis zugesichert
werde, über ihre Güter und Familienverhältnisse verbindliche
Verfügungen zu treffen“. Denn sagen die betreffenden landes-
gesetzlichen Bestimmungen — sie sind aufgezählt bei Georg
Meyer $& 229 S. 752 N. 6 und bei Scholly S. 31ff. — auch
ım Einklang mit der deutschen Bundesakte, daß „nach den
Grundsätzen der früheren deutschen Verfassungen die noch
bestehenden Familienverträge der mediatisierten Häuser auf-
rechterhalten werden und ihnen die Befugnis, über ihre
Güter u. s. w. Verfügungen zu treffen, zugesichert wird,“ so