Full text: Modernes Fürstenrecht

89 85. DieFolgen rechtswidriger Entziehung od. Schmälerung agnat. Rechte. 
schon vor der Einverleibung der beiden Herzogtümer recht- 
lich verloren, also bei Einverleibung derselben keine mehr 
besessen, somit durch die Einverleibung auch keine eingebüßt. 
Trotzdem hat, wie es in der Begründung des Gesetzentwurfes 
(Drucks. des Hauses der Abgeordneten 18857Bd. IV Nr. 159 
S. 11) heißt, die Staatsregierung sich der Überzeugung nicht 
verschließen können, daß das herzogliche Haus Schleswig- 
Holstein durch den Gang der politischen Verhältnisse ın 
seinem Familienvermögen erheblich geschädigt worden ist: 
„Rücksichten der ausgleichenden Gerechtigkeit und Billigkeit 
sprechen dafür, dem herzoglichen Hause für die erwachsenen 
Verluste eine angemessene Schadloshaltung zu gewähren.“ 
Hier räumt der Staat also eine Entschädigung ein für 
ein von seinem Standpunkte aus durch ihn gar nicht ver- 
nichtetes Erbrecht aus reinen Billigkeitserwägungen. In welch 
ungleich stärkerem Maße muß dann eine Entschädigung er- 
folgen, wenn ein unstrittig noch vorhandenYgewesenes und 
wegen Fortbestandes des Staates mit bester Hoffnung auf 
Realisierung ausgestattetes Anwartschaftsrecht durch staat- 
liches Eingreifen sein vorzeitiges Ende findet! 
c) Endlich aber hat der Staat in Preußen und Bayern 
erst in jüngster Zeit den Standesherrn für Aufhebung ihrer 
Steuerfreiheiten Entschädigung gewährt, in Preußen durch 
Gesetz vom 18. Juli 1892, in Bayern durch‘ Gesetz vom 
9. Juni 1899. Gewährt der Staat aber Entschädigung an 
Standesherren und für ein wirtschaftlich nicht so bedeutsames 
Recht, wie es die Thronfolge ist, so muß er um so mehr Ersatz 
an Mitglieder des regierenden Hauses und für Rechte an 
der Krone einräumen. 
B. Keiner Darlegung bedarf, daß das, was für Entziehung 
von Sukzessionsrechten gilt, auch hinsichtlich Schmälerung 
solcher Rechte statthat, z. B. durch Einschiebung eines. 
unebenbürtigen oder in seiner Ebenbürtigkeit angefochtenen 
Abkömmlings. 
ll. Die zweite Frage, welche entsteht, ist die, ob diese 
Entschädigungsansprüche öffentlichrechtlicher Natur sind. Haben 
sie auch ihren Grund im öffentlichen Rechte, in einer Ver- 
nichtung öffentlichrechtlicher Erbaussichten, so bestehen sie
	        
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