Full text: Modernes Fürstenrecht

85. DieFolgen rechtswidriger Entziehung od. Schmälerung agnat.Rechte. 83 
doch nicht mehr an öffentlichrechtlichem Gute. Sie sind nicht 
mehr Ansprüche an der Krone, sondern am Staatsvermögen 
und unterscheiden sich demgemäß nicht von anderem aus 
privatrechtlichem Grunde entstandenen Ersatzanspruch. Der 
Staat steht hier dem Berechtigten nicht anders gegenüber, 
wie es ein Privatmann tun würde. Demzufolge ist der An- 
spruch privatrechtlich. Somit sind die Zivilgerichte zuständig. 
Auch das Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877 geht 
von der Auffassung aus, daß diese Ansprüche privatrechtlich 
sind. Es verweist alle „Ansprüche wegen Aufhebung von 
Privilegien“ vor die bürgerlichen Gerichte (vgl. $ 70), also 
auch die Ansprüche wegen Aufhebung von öffentlichen Privi- 
legien. 
Allerdings würden wir die Zivilgerichte auch für zuständig 
erklären, wenn der Entschädigungsanspruch publizistischen 
Charakters wäre. Denn darüber, was im Sinne von G.V.G. $& 13 
bürgerliche Rechtsstreitigkeit ist, entscheidet nicht unsere 
heutige Auffassung über die Natur des betreffenden Rechts- 
institutes, sondern die in der ersten Hälfte des vorigen Jahr- 
hunderts herrschende Anschauung. Was „gemäß den in der 
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts herrschenden Auffassungen 
als zivilrechtlich anzusehen“!) ist, das ist bürgerliche Rechts- 
streitigkeit im Sinne jenes Gesetzes. Nach der Anschauung 
jener Periode bildete jeder Entschädigungsanspruch und vor 
allem gemäß seinem Namen Privatfürstenrecht das ganze 
Fürstenrecht mit Ausnahme der Frage des Thronfolgean- 
spruches etwas Zivilrechtliches. 
DI. Endlich erübrigt: wie ist der Schade festzustellen? 
was gibt Maß für die Höhe der Entschädigung? 
Immer handelt es sich um Vernichtung oder Schmälerung 
von Anwartschaftsrechten, also von Rechten auf zukünftigen 
Rechtserwerb. Nach dem wirtschaftlichen Werte der in Frage 
stehenden Herrschaftsstellung, nach der Größe der damit 
verbundenen Einkünfte und nach dem Maße der Wahrschein- 
lichkeit des Eintritts des Rechtserwerbs durch den Anwärter 
ist die Höhe der Entschädigung zu bemessen. 
1) Otto Mayer a. a. O. Bd. I 215 mit II 357. 
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