VII. Abschn. Gesetz über den Landsturm. 135
VII. Abschnitt.
Gesetz über den Landsturm.
Vom 12. Februar 1875.
§. 1. Der Landsturm besteht aus allen Wehrpflichtigen vom vollen-
deten 17. bis zum vollendeten 42. Lebensjahre, welche weder dem Heere
noch der Marine angehören.
Der Landsturm tritt nur zusammen, wenn ein feindlicher Einfall
Theile des Reichsgebiets bedroht oder überzieht.
§. 2. Das Aufgebot des Landsturms erfolgt durch kaiserliche Ver-
ordnung, in welcher zugleich der Umfang des Aufgebots bestimmt wird.
§. 3. Das Aufgebot kann sich auch auf die verfügbaren Theile der
Ersatzreserve erstrecken. Wehrfähige Deutsche, welche nicht zum Dienste
im Heer verpflichtet sind, können als Freiwillige in den Landsturm ein-
gestellt werden.
§. 4. Nachdem das Aufgebot ergangen ist, finden auf die von dem-
selben betroffenen Landsturmpflichtigen die für die Landwehr geltenden
Vorschriften Anwendung. Insbesondere sind die Aufgebotenen den Militär-
strafgesetzen und der Disziplinarordnung unterworfen. Dasselbe gilt von den
in Folge freiwilliger Meldung in die Listen des Landsturms Eingetragenen.
§. 5. Der Landsturm erhält bei Verwendung gegen den Feind mili-
tärische, auf Schußweite erkennbare Abzeichen und wird in der Regel in
besonderen Abtheilungen formirt.
In Fällen außerordentlichen Bedarfs kann die Landwehr aus den
Mannschaften des aufgebotenen Landsturmes ergänzt werden, jedoch nur
dann, wenn bereits sämmtliche Jahrgänge der Landwehr und die ver-
wendbaren Mannschaften der Ersatzreserve einberufen sind.
Die Einstellung erfolgt nach Jahresklassen; mit der jüngsten beginnend,
soweit die militärischen Interessen dies gestatten.
§. 6. Wenn der Landsturm nicht aufgeboten ist, dürfen die Landsturm-
pflichtigen keinerlei militärischer Kontrole oder Uebung unterworfen werden.
§. 7. Die Auflösung des Landsturmes wird vom Kaiser angeordnet.
Mit der Auflösung der betreffenden Formationen hört das Militärverhältniß
der Landsturmpflichtigen auf.
§. 8S. Die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Bestim-
mungen erläßt der Kaiser.
§. 9. Gegenwärtiges Gesetz kommt in Bayern nach näherer Bestim-
mung des Bündnißvertrages nom 23. November 1870 unter III §. 5 zur
Anwendung.
VIII. MAbschnitt.
Das Pferde-Konskriptionsgesetz.
(Reichsgesetz über die Kriegsleistungen . 25— 27. Pferde-Aushebungsreglement
für das Königreich Bayern. München 1876.)
Verpflichtung.
1. Um den kriegsmäßigen Bedarf zu beschaffen und zu erhalten sind
alle Pferdebesitzer verpflichtet, ihre zum Kriegsdienste für tauglich er-