Die europäische Entente in Ostasien. 83
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Die europäische Entente in Ostasien.
Am 27. Juli 1894 griff ein japanisches Geschwader an der Westküste
Koreas die chinesische Truppentransportflotte an, welche 10 O0O00 Mann
in Korea landen sollte. Oie chinesischen Schiffe wurden teils vernichtet,
teils entkamen sie. Der jahrhundertealte Kampf zwischen dem Chinesi-
schen Reich und Japan war in den Beginn seiner letzten Periode getreten.
Die Armeen und die Flotten gingen gleichzeitig gegeneinander vor. Korea
hatte ein Schutz- und Trutzbündnis mit Japan geschlossen. Japan
bediente sich des alten Mittels, den chinesischen Einfluß auf Korea zu
brechen, indem es dessen Selbständigkeit proklamierte.
Am 21. November befand sich Port Arthur in japanischer Hand,
die Japaner waren Herren der Halbinsel Liautung. Ende Oezember
1894 wünschte die Pekinger Regierung in Friedensverhandlungen mit
Zapan zu treten, und es war der deutsche Zolldirektor, Herr Oetring,
welcher als Aberbringer eines Schreibens von Li-hung-Tschang nach Tokio
geschickt wurde. Li-hung-Tschang führte dann die Verhandlungen.
Zm April 1895 wurde zu Schimonoseki der Friede geschlossen auf
die Bedingungen: China tritt die Halbinsel Liautung mit Port Arthur
an Japan ab, außerdem die Insel Formosa; es öffnet dem Verkehr fünf
neue Häfen, gibt den Zapanern die Berechtigung, Fabriken und andere
industrielle Anlagen zu gründen, und zahlt eine Kriegsentschädigung von
600 Millionen Mark.
Da legten sich drei europäische Großmächte ins Mittel. Von deut-
scher Seite war bereits Anfang März der Nat an Japan ergangen, auf
festländisches Gebiet zu verzichten. Die Aluffassung der deutschen Regie-
rung war: eine Festsetzung Japans auf dem ostasiatischen Kontinent
würde sein entschiedenes Ubergewicht über China bedeuten, besonders
auch in wirtschaftlicher Beziehung; Fapan würde „wie eine Schildwache
vor den Zufuhrstraßen nach China sitzen und sie beherrschen“. Als kurz
darauf Frankreich und Rußland beschlossen, auf Japan einzuwirken,
trat Deutschland der Aktion bei, deren Zweck nach dem Ausspruch des
französischen Ministers Hanotaux war, eine VBerschiebung des Gleich-
gewichtes zum Nachteile Rußlands zu verhindern. Das sel die gebiete-
rische Pflicht Frankreichs. Nach deutscher Darstellung der damaligen
Zeit hätte sich das Deutsche Reich, als seine Mahnung an Japan ohne
Erfolg blieb, mit Rußland ins Benehmen gesetzt; dann wäre Frankreich
beigetreten. Wie nun auch der innere Gang dieses Zusammencchlusses
gewesen sein mag: die Folge war, daß Japan dem Drucke der drei Mächte
nachgab und auf die Halbinsel Liautung verzichtete, sehr schweren Her-
zens. Oie japanischen Staatsmänner, die ununterbrochen siegreich ge-
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