Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Entscheidungen und Scheidungen. 183 
  
lungsweise anderer Mächte sie nicht daran hindern sollte. In Etappen 
von sechs Monaten sollten die verschiedenen Teile der Mandschurei 
derart geräumt werden, daß nach achtzehn Monaten von der Unter- 
zeichnung des Bertrages an (8. April 1902), also am 8. Oktober 1903 
die Mandschurei geräumt wäre. 
Zugleich wurde bekanntgemacht, daß ein französisch-russischer Noten- 
wechsel über Ostasien stattgefunden habe. Im französischen Parlamente 
wurde der Minister Delcassé gefragt, wieweit Frankreich sich im fernen 
Osten verpflichtet habe. Delcassé antwortete wiederholt, die Politik Frank- 
reichs in China sei in keiner Weise eine andere geworden: die offene Tür, 
die Aufrechterhaltung des Status quo und des allgemeinen Friedens 
bildeten nach wie vor die Hauptgesichtspunkte der französischen Politik. 
Diese Gedanken hätten Frankreich und Rußland auch allen Mächten mit- 
geteilt. Mit dem englisch-japanischen Bündnisse erklärt sich Delcasse 
völlig einverstanden; das seien die alten Grundsätze Frankreichs. „Wir 
können über die im englisch-japanischen Vertrage ausgesprochenen Grund- 
sätze nur unsere Genugtuung ausdrücken.“ 
Besonderes Interesse beanspruchte die Stellungnahme des Oeutschen 
Reiches zum englisch-japanischen Bündnisvertrage. Fürst Bülow nahm 
im März 1902 Gelegenheit, darüber zu sprechen und kam bezeichnender- 
weise auf die Frage einer Teilnahme Deutschlands an den Vorverhand- 
lungen in London zu sprechen: „Von einer solchen Mitwirkung deutscher- 
seito bei den englisch-japanischen Verhandlungen ist mir nichts bekannt. 
Richtig ist nur, daß sowohl die englische wie auch die japanische Regierung 
uns Kenntnis gegeben hat von dem Inhalte des Abkommens nach seinem 
Abschlusse .. Wir haben die Geburtoanzeige des Abkommens erhalten 
und sogleich erhalten, aber wir haben nicht bei dem Abkommen Pate ge- 
standen, und mit der Vaterschaft hatten wir erst recht nichts zu tun.“ 
Man könnte aus manchen Nuancen dieser Wendungen des Kanzlers 
wohl den Schluß ziehen, daß ihm die Privatbemühungen des Barons 
v. Eckardtstein und vielleicht noch anderer Personen bekannt waren, und 
er deshalb Gelegenheit nahm, sie nachträglich auch öffentlich zu desavouieren. 
Lediglich um einigen englischen Zeitungen zu widersprechen, würde sich 
der Reichskanzler schwerlich mit so beziehungsvollem Nachdrucke ausge- 
sprochen haben. Mit dem englisch-japanischen Abkommen erklärte Bülow 
sich einverstanden und sagte, man habe der englischen und japanischen 
Regierung auf ihre Anzeige geantwortet: daß durch dieses Abkommen 
das deutsch-englische Abkommen vom 16. Oktober 1900 und folglich 
deutsche Interessen nicht tangiert würden. Fürst Bülow fügte binzu, 
das britisch-japanische Abkommen könne keine deutschen Interessen schä- 
digen, denn, „soweit wir seinen Inhalt kennen“, stelle es sich nur die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.