Der Helgoland- und Sansibarhandel. 39
Der Helgoland= und Sansibarhandel.
DOie wesentlichen Punkte des deutsch-englischen Abkommens über
die ostafrikanischen Kolonien und Helgoland vom 17. Juni 1890 waren
die folgenden: Deutschland gab zugunsten Großbritanniens die Schutz-
herrschaft über das Sultanat Witu und die Somaliküste auf, im Norden
des englischen ZInteressengebietes. Dazu kamen die vorgelagerten Inseln
Manda und Patta. Uganda, dessen König kurz vorher durch Dr. Karl
Peters veranlaßt worden war, sich unter deutschen Schutz zu stellen, ge-
langte nunmehr in die britische Interessensphäre. Das Deutsche Reich gab
seine Zustimmung, daß England über das Sultanat Sansibar (die Insel)
mit Ausnahme des an die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft verpachteten
Küstenstriches das Protektorat übernähme. Zener Küstenstrich wurde
Deutschland in der Form zugesprochen, daß England dem Sultan von
Sansibar gegenüber seinen Einfluß aufbieten solle, um diesen zur Ab-
tretung des Küstenstriches an Deutschland gegen eine Geldsumme zu
veranlassen, was auch geschah. Deutschland erhielt weiter die Befugnis,
das Hinterland bis an die großen Seen auszudehnen. In Südwestafrika
erhielt Deutschland gegen Abtretung der Gebiete am Agamisee an Eng-
land einen schmalen Landkorridor (sechs Kilometer breit) nach dem Sam-
besiflusse; dieses ist der sogenannte Caprivizipfel.
Mit dem Protektorate der Inseln Sansibar und Pemba verdielt es
sich folgendermaßen: wenige Zahre vorher hatten Deutschland und Eng-
land die Souveränität des Sultans von Sansibar anerkannt. Ourch BVer-
mittlung der deutschen Regierung war es gelungen, Frankreich ebenfalls
zur Anerkennung zu bewegen. Bismarck hatte mit diesem von ihm selbst
angeregten Schritte beabsichtigt, die britische Politik zu binden und zu
verhindern, daß Großbritannien auf Sansibar zum Schaden der deutschen
Interessen zu beherrschendem Einflusse gelangte. Fürst Bismarck ließ
in seinem Hamburger Organe damale hierzu schreiben: „Es galt für eng-
lische Absicht, Afrika so weit wie möglich mit einem Küstenvorhange in
englischem Besitze zu umgeben, der die schließliche Herrschaft über das
Innere des Landes von selbst sicherstellen mußte. Die deutsche Vertretung
wurde durch die Anerkennung des Sultans ebenbürtig, der deutsche Ein-
fluß machte Fortschritte und erschien den Engländern 1890 als deutsches
Übergewicht.“
Es war also zwar an sich richtig, als der Reichskanzler v. Caprivi
erklärte: Deutschland hätte Sansibar nicht aufgeben können, denn man
hätte die Insel nie besessen. Anderseits läßt sich aber nicht in Abrede stellen,
daß deutscherseits durch den Bertrag von 1890 auf einen zukünftigen
Besitz der Inseln Sansibar und Pemba verzichtet wurde. Oie Frage ist