Zur Einführung.
ie erste Auflage dieser Schrift erschien im Frühjahr 1914 und ist im
Laufe des Jahres 1913 geschrieben worden. Damals hatte der zweite
Balkankrieg durch den Frieden zu Bukarest sein Ende erreicht. In Europa
herrschte wieder Frieden, und in Deutschland war die Hoffnung ebenso
wie der Glauben beinahe allgemein, daß der Friede dauern werde. Für
diesen Glauben war vor allem eine Hoffnung maßgebend: die Hoffnung
auf die vielberufene deutsch-englische Verständigung. Die einschlägigen
Vertreter der Regierung des Deutschen Reiches hatten diese Hoffnung
und dieses Vertrauen in häufiger Wiederholung zum Ausdruck gebracht.
An mehr oder minder geheimnisvollen Andeutungen, was alles dafür
im Werke sei, fehlte es nicht, ganz abgesehen von den freilich nur ihrem
Dasein nach bekannten Berhandlungen zwischen dem Deutschen Reiche
und Großbritannien über die portugiesischen Kolonien in Afrika und von
den Verhandlungen, welche das Deutsche Reich, Großbritannien, Frank-
reich und die Türkei über vorhandene und zukünftige Eisenbahnen in
Mesopotamien und Spyprien pflogen.
Wie nach jeder der europäischen Krisen seit Beginn des zwanzig-
sten Jahrhunderts, so herrschte auch dieses Mal im Oeutschen Reiche das
Gefühl und die Zuversicht, es sei eine „Entspannung“ eingetreten, auch
habe sich wieder einmal gezeigt, daß alle Großmächte Europas einig ge-
wesen seien im Wunsche und im Bestreben, der Welt den Frieden zu er-
halten. Die Politik des Deutschen Reiches verfolgte tatsächlich dieses Ziel
ebenso aufrichtig, wie vertrauensselig, wie unbedingt. Sie befand sich
außerdem in einer irrigen Auffassung, wie sie im Sommer 1914 dem Ver-
fasser in dem Worte eines deutschen Staatomannes entgegentrat: die
anderen Mächte hätten alle eine große Angst vor dem Deutschen Reiche
und wären heilfroh, wenn wir sie nicht angriffen; sie würden uns sicher
nicht dangreifen.
Zu diesen Verhältnissen und Momenten kam die Atmosphäre wirt-
schaftlichen Gedeihens und Unternehmungsgeistes in Deutschland mit der
weitverbreiteten Auffassung, die Zeit arbeite automatisch für das Deutsche
Reich und Volk. Man brauche nur noch einige Jahre sich friedlich durch-
zulavieren, dann werde der Frieden überhaupt nicht mehr gefährdet